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Gasthof Willenbrink

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Sein Ruf eilt Josef Willenbrink voraus. Ob als Teil des Münsterländer Dreigestirns mit seinen Berufskollegen Heiko Weitenberg aus Ennigerloh und Thomas Kliewe aus Beckum auf der Internationalen Grünen Woche in Berlin oder als Koch im Köchequartett – es gibt kaum bessere Beispiele, sich für eine regionale und saisonale Küche zu engagieren.

Josef Willenbrink erwartet mich schon am Eingang seines Gasthofes. Seine schmale, aber große Statur passt kaum mehr in den Türrahmen und sein freudiges Lächeln steckt an. Das Gasthaus, ein altes Fachwerkhaus mit weiß getünchten Wänden und kleinen Fenstern, befindet sich in Lippetal-Lippborg direkt gegenüber der Dorfkirche, an der sich ein kleiner Bach entlang schlängelt und in die Lippe mündet. An den gegenüberliegenden Gebäuden im Hof rankt ein Weinstock das Mauerwerk empor.

Gerade checkt ein englischsprachiges Paar ein. Josef Willenbrink begleitet sie in ihr Gästezimmer. Genau so gemütlich und beschaulich wie der Ort, ist auch das Innere des Gasthauses. Die alte Diele ist noch gut zu erkennen und dient als Empfangsraum. Dunkle Möbel aus Eichenholz, ein Kronleuchter und viele Gemälde, Stickereien oder kleine Dekorationen schmücken den Raum. Ein verzierter Massivholzschrank, ein Erbstück, dient als Besteckfach, eine alte Truhe in der Mitte des Raumes als Schatzkiste und Spielecke für die Kleinen. Frische Sträuße mit üppigem Grün zeigen, was der Garten hergibt. „Da ist die Handschrift meiner Frau Gabriele zu erkennen“, sagt Josef Willenbrink. „Mein Terrain sind eher die Kräuter in unserem Garten.“


Hier führt uns auch unsere erste Station hin. Die Gewürze wie Bärlauch, Thymian, Schnittlauch, Petersilie, Zitronenminze und Bohnenkraut pflanzt Josef Willenbrink selbst an. Jetzt schneidet er ein paar Büschel Bohnenkraut ab. „Das brauchen wir für das heutige Gericht.“ Denn es gibt Rückensteak vom Bentheimer Schwein mit geschmorten Stromberger Pflaumen, Stangenbohnen und Kartoffelnudeln. Direkt neben dem Kräutergarten wachsen verschiedene Rosenarten. Ich kann es gar nicht glauben, aber Josef Willenbrink erklärt mir, dass er Sorbets aus den Blättern der Rosen herstellt. Kurzerhand serviert er mir einen kleinen Teller mit Rosen-, Veilchen- und Waldmeister-Sorbet. Es schmeckt toll und nicht vergleichbar mit industriellen Aromastoffen.

Regionalität und Saisonalität gehören für Josef Willenbrink einfach zusammen. „Weil der Verbraucher schon im Februar oder März Erdbeeren kauft, wird der Handel diese Nachfrage jedes Jahr aufs Neue bedienen. Im Dezember gibt es Spargel aus Chile oder Peru, der teils sogar billiger ist, als der hiesige in der Hauptsaison. Dabei gibt es den auch hier, aber eben nur zur jeweiligen Saison“, so Willenbrink. „Ich kaufe meinen Waldmeister zum Beispiel bei einem Kräutersammler aus der Region. Er beliefert mich das ganze Jahr. Auch dadurch wird unsere Küche saisonal angepasst. Im Frühjahr bringt er Wildkräuter, Mairitterlinge und Morcheln. Die sammelt er in Beckum in den Steinbrüchen und in den heimischen Wäldern. Im Sommer bringt er uns wilde Brombeeren und im September und Oktober Trompetenpfifferlinge.“ Kurzum: Josef Willenbrink ist immer auf der Suche nach neuen Geschmacksnoten und interpretiert die schier endlose Fülle an möglichen Geschmackskombinationen stetig neu, etwa geeiste Holundersuppe mit Birnensorbet, gebratene Rehleber mit Quittenchutney oder Matjestatar mit Gurkenschaum.

Aber heute geht es um das Bunte Bentheimer Schwein. Wir machen uns auf in die Küche des Hauses. „Wer nicht möchte, dass sein Schnitzel oder Steak in der Pfanne zusammenschrumpft, muss gutes Fleisch kaufen“, sagt Josef Willenbrink. Eine langsame Aufzucht sei dabei entscheidend. Das Bunte Bentheimer Schwein ist eine alte Schweinerasse, die beinahe von den neuen Hochleistungsrassen in der Schweinezucht verdrängt wurde. Aber es gibt einige Landwirte, die diese Rasse wegen ihrer guten Fleischqualität und zum Erhalt der Rasse wieder züchten. Josef Willenbrink bekommt sein Fleisch vom Biohof Rülfing in Rhede.

Er verrät mir auch das Geheimnis, wie man ein Schweinesteak richtig anbrät. „Die Pfanne muss sehr heiß sein. Dann legt man maximal zwei Steaks in die Pfanne, damit diese durch die kalten Steaks nicht zu sehr abkühlt. Jede Seite zwei bis drei Minuten scharf anbraten und ab in den vorgeheizten Ofen.“ So erhalte man die Röstaromen vom Braten, und durch das Garen im Ofen bleibe das Steak schön saftig.

Im Handumdrehen sind auch die Beilagen fertig. Die Stangenbohnen werden parallel in etwas Butter gebraten und die selbstgedrehten Kartoffelnudeln schwimmen im kochenden Wasser an der Oberfläche. Jetzt fehlt nur noch der Teller um alles fein säuberlich zu drapieren. Die Soße aus der Stromberger Pflaume verleiht dem Gericht die deftig-süßliche Note. Ein kleines Meisterwerk auf dem Teller und genau so schmeckt es auch.

Was Josef Willenbrink aber vor allem wichtig ist: „Gutes Essen braucht Zeit.“ Er habe zunehmend den Eindruck, dass das gemeinsame Essen und Kochen mit der Familie zur Seltenheit geworden ist und das Essen auf der Straße zur Gewohnheit. „Der Wert des Essens wird unschätzbar hoch, wenn ich mir Zeit nehme. Gutes Essen muss nämlich nicht teuer sein. Es braucht Zeit, um aus einfachen und preiswerten Zutaten der Saison eine Mahlzeit zu zubereiten und diese allein oder gemeinsam – aber auf jeden Fall bewusst zu genießen.“

Weitere Eindrücke:

Gasthof Willenbrink
Hauptstraße 10
59510 Lippetal-Lippborg

Telefon: +49 (0)25 27 – 2 08
Telefax: +49 (0)25 27 – 14 02


Fotos/Text: Maren Kuiter
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