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Altes Gasthaus Lanvers

ps3b1448Vorbei an weiten Feldern, Wiesen und einer üppigen Auenlandschaft, führt mich eine kurvige Landstraße zum Gasthaus Lanvers nach Emsdetten. Naja, nicht in den Emsdettener Ortskern, sondern in den Ortsteil Hembergen an der Ems. Dort kommen mir viele Radfahrer entgegen. Denn der beliebte EmsRadweg führt durch Hembergen und direkt am Alten Gasthaus Lanvers vorbei. „Touristisch ist es hier doch perfekt angebunden, oder?“ frage ich Inhaber Christian Gier, der sich im Gasthaus an meinen Tisch setzt. Große, dunkle Eichenmöbel und Balken zieren das Innere des verwinkelten Fachwerkhauses. Das Team bereitet sich langsam auf das Abendgeschäft vor. „Bei schönem Wetter ist der Biergarten draußen gut besucht“, sagt Christian Gier. „Fahrradtouristen machen hier oft Pause. Aber etwa die Hälfte unserer Gäste sind Geschäftskunden, die wegen ihrer Arbeit hier übernachten.“
Das Alte Gasthaus Lanvers ist seit 400-Jahren in Familienbesitz und ab Mitte des 19. Jahrhunderts trägt es den Namen Lanvers. In den 50ziger Jahren wechselte der Familienname auf Gier, so dass er jetzt im Volksmund „Lanvers-Gier“ heißt . Erst vor zwei Jahren hat Christian Gier das Gasthaus und Hotel zusammen mit seiner Frau Jeannette von seinen Eltern Ferdinand und Mechthild Gier übernommen. „Mein Vater ist die gute Seele im Haus und kennt einfach jeden Stein. Er hält Haus und Hof in Schuss und wenn Not am Mann ist, hilft er auch an der Theke aus“, sagt Christian Gier. So genießt der Vater seinen Ruhestand, steht seinem Sohn aber immer noch mit gutem Rat zur Seite. Auch seine Mutter hilft noch in der Küche. Christian Gier hat seine Ausbildung zum Hotelkaufmann in der Halle Münsterland in Münster gemacht. Dass es irgendwann wieder zurück zum elterlichen Betrieb gehen würde, stand von Anfang an fest. „Auch während des betriebswirtschaftlichen Studiums habe ich immer zwischendurch hier gearbeitet. Und mit meiner Frau war relativ schnell klar, dass wir das Haus meines Vaters irgendwann weiterführen. Wir leben und arbeiten gerne hier.“

An der Theke steht Jesus. Fernando verschwindet gerade mit einem Tablett mit leerem Geschirr in der Küche. Sie sind die neuen Auszubildenden im Betrieb – und kommen aus Spanien. „Die Gastronomiebranche ist bei deutschen Jugendlichen nicht besonders beliebt. Man arbeitet, wenn andere frei haben, und gerade auf dem Land findet man nur noch schwer Auszubildende“, erklärt Christian Gier. „Wir bilden jedes Jahr ein oder zwei Köche aus. Mit dem Programm MobiPro-EU von der Bundesagentur für Arbeit haben wir Fernando und Jesus für unseren Betrieb gewinnen können, die diese Chance natürlich nutzen, um internationale Erfahrungen zu sammeln und die deutsche Sprache zu lernen.“ Mit der Verständigung klappt es sogar schon ganz gut. Wenn das deutsche Wort mal fehlt, wird fließend auf Englisch gewechselt und umgekehrt. Nur wenn zu schnell geredet wird, ist es für die beiden noch schwierig. Fernando ist 20 und Jesus 21. Seit Juli sind sie nun in Hembergen und fühlen sich sehr wohl hier.

Ferdinand Gier setzt sich mit an den Tisch und erzählt, dass er 2008 Mitbegründer der „Regionalen Speisekarte – So schmeckt das Münsterland“ gewesen ist. Regionale Lebensmittel spielen auch heute,  gerade heute, eine große Rolle. „Wo immer es geht, versuchen wir die Lebensmittel regional zu beziehen. Unser Rindfleisch zum Beispiel bekommen wir vom Hof Schulze-Mastrup aus Saerbeck und die Qualität ist hervorragend“, so Ferdinand Gier. Seit seinem Ruhestand hat er einen kleinen Hühnerstall mit  ca. 60 Hühnern und vier Perlhühnern. Damit versorgt er die Küche mit frischen Eiern aus den Emsauen – vom Frühstücksei bis zum Kuchen. Ob ich mir das mal ansehen möchte? Klar! Die Küche braucht sowieso noch etwas Zeit. Kurzerhand startet Ferdinand Gier seinen Deutz. Es ist einer seiner zwei Oldtimer-Traktoren, die direkt vor dem Gasthaus stehen. „Ja, die stehen hier nicht nur zur Zierde“, sagt er stolz. Christian Gier und ich suchen Platz auf dem schmalen Beifahrersitz auf dem Traktorenrad und schon geht es schnurstracks durch den Wald und über holprige Wiesen zu den Emsauen.
Die vier Perlhühner begrüßen uns mit ihrem lauten Gackern schon aus der Ferne. „Auf der anderen Seite der Ems hat ein Habicht seinen Horst und hat sich schon einige Hühner geholt. Deswegen habe ich die Perlhühner angeschafft. Sie legen nicht nur köstliche Eier, sondern sind auch meiner Wächter. Sie schlagen lauten Alarm sobald etwas im Anflug ist“, erklärt Ferdinand Gier. Die Voliere ist von oben mit einem Netz geschützt. Unter Äpfel-, Pflaumen-, und sogar einem Pfirsichbaum scharren die Hühner und kommen sofort an die Gattertür gelaufen, als wir reinkommen. Das Obst wird in den nächsten Tagen geerntet. Das Fallobst dürfen die Hühner essen. Bei dem offensichtlichen Überangebot scheint das die Hühner aber schon gar nicht mehr zu interessieren.

Da direkt an der Ems auch ein kleiner Wanderweg zum Gasthaus führt, laufen Christian Gier und ich zurück, während Ferdinand Gier die Hühner versorgt. Es gibt auch eine Anlegestelle für Kanufahrer. In der Küche des Gasthauses wartet schon Koch Stefan Feige auf mich. Er arbeitet seit 13 Jahren im Betrieb und hat hier auch seine Ausbildung gemacht. Keiner kommt aber an Mechthild Gier heran. Sie ist seit  35 Jahren Küchenchefin. Sie gibt den Ton in der Küche an und überlegt sich mit dem gesamten Team immer wieder neue Kreationen aus alten Rezepten. Heute ist es zum Beispiel der Vorspeisenteller mit Münsterländer Knochenschinken, Mettwürstchen, Tafelspitzterrine und einem Linsensalat und Pumpernickel und die Vanillecreme im Weckglas mit frischen Erdbeeren und Pumpernickelstückchen.

Aber das Gasthaus besteht nicht nur aus dem gastronomischen Zweig. Die Ausbauten zum Hotel und den Tagungsräumen sind  nach und nach bis in 90ziger Jahre dazugekommen. Der kleinere Saal, in den etwa 50 Personen passen, wird häufig von Vereinen und kleineren Gesellschaften genutzt. Ein weiterer Saal für 150 Personen wird oftmals für Hochzeiten oder größere Tagungen genutzt. Auch das Plattdeutschtheater der KLJB Greven wird immer hier im Saal aufgeführt. „Das Plattdeutschtheater ist eine Möglichkeit, das münsterländer Platt lebendig zu halten“, sagt Christian Gier.

Nun noch schnell ein Gruppenfoto der Mitarbeiter und dann schnell zurück in die Küche. Die Besucher warten schon auf ihr Essen und auch ich mache mich langsam auf den Rückweg.

Weitere Eindrücke:

Altes Gasthaus Lanvers
Dorfstraße 11
48282 Emsdetten-Hembergen

Telefon: +49 (0)25 72 – 15090


Fotos/Text: Maren Kuiter
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