250 Jahre Pottʹs Brauerei

Es gibt Menschen, die leben für Bier. Wortwörtlich. Solch ein Unikat findet man bei Pott′s in Oelde: Georg Lechner, Betreiber des Bier-Museums, wohnt nämlich in selbigem. Ja, er wohnt im Museum, in der Brauerei. Und diese hält als Gläserne Brauerei ihre Tore stets für Besucher geöffnet, so dass anlässlich des 250. Geburtstags des Familienunternehmens rund 1.000 Gäste in zwei Durchgängen durch die Produktionsstätte schlendern durften. Highlight des Tages war sicherlich die Enthüllung der neuen Biersorte – und der Blick in Georg Lechners Bett: ein Bierfass.

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Der Traum eines jeden Bierliebhabers: Georg Lechners Bett.

Der Tag war extra den Gruppen und Vereinen gewidmet, die sich für einen kleinen Obolus auf die Reise durch die Brauerei-Geschichte begeben konnten, die im Jahr 1769 startete. Insgesamt sechs fachkundige Brauereibesichtigungsführer zeigten in einem kurzen, 30-minütigen Rundgang die Brauerei. Einige Gruppen führte der Chef persönlich durch den Betrieb – und ich habe ihn dabei begleitet.

Der Startpunkt war im Biersalon inmitten des neuen Sudhauses, dem Herzstück des Betriebs, der 2018 umfangreich erweitert wurde. „Wir möchten mit Ihnen zusammen die 250 Jahre feiern! Aus diesem Anlass haben wir ein neues Bier entwickelt, das Sie später noch probieren dürfen“, weckte Jörg Pott schon bei der Begrüßung die Vorfreude auf den Frühschoppen mit Blick in die Vergangenheit und Zukunft.

Während die meisten Gäste natürlich nicht wissen, was die Großväter ihrer Uropas so alles geleistet haben, kann Pott auf eine lange Ahnengalerie blicken. Diese hängt vis-a-vis der mächtigen, blau beleuchteten Gär- und Reifungstanks. Es war Franz-Arnold Veltmann, der 1769 die Brauerei und Gastwirtschaft „Haus Geist“ vom Jesuitenkloster übernahm und damit die Familientradition des Brauens in Gang setzte.

Der Name Pott stammt übrigens von einer Enkelin Franz-Arnold Veltmanns, die 1851 Bernhard Pott heiratete. Dass die Brauerei-Familie sich ihrer Tradition sehr bewusst ist und verpflichtet fühlt, trotzdem allerdings den Schritt Richtung Moderne gewagt hat, zeigt das Mammut-Projekt „Gläserne Erlebniswelt“. Sein Lebenswerk startete Rainer Pott 1996 und Sohn Jörg vollendete die 11,5-Millionen-Euro-Maßnahme vergangenes Jahr. Jörg Potts Herz hängt besonders an der Experimental-Brauerei, in der neue Craft-Bier-Stile und Bierspezialitäten entwickelt werden.

Und da auch der 37-Jährige zu den Menschen zählt, die für Bier leben, stellt er die kleine Brauerei externen Gleichgesinnten zur Verfügung. Die Finne-Brauerei oder die Gruthaus-Brauerei, die mit der Brauerei Jan Kemker  zusammenarbeitet – diese und viele weitere Start-ups haben hier bereits ihre Spezialitäten produziert.

„Wir brauen die Sude für kleinere Brauereien, denn diese Kapazitäten von 15 Hektolitern gibt es in Deutschland fast gar nicht. Vorher mussten die Craft-Brauer ihre selbst kreierten Biere mangels Alternative oft in Holland oder Belgien herstellen und abfüllen lassen“, erklärte Jörg Pott, während er seinen Gästen den offenen Gärbottich präsentierte.

Diesen Anblick kennt er schon seit Kindertagen, als die Brauerei noch in der Oelder Altstadt beheimatet war. Wenn die Bierwürze in Wallung gerate, entstehe die Schaumkrone, die sogenannten Kräusen. Man merkte dem jungen Chef seine authentische Begeisterung an, wodurch die Führung für die Gäste zusätzlich zu etwas Besonderem wurde.

Überrascht waren die Besucher, als eine Stippvisite sie ins Brunnenkino führte. Denn Pott′s kann nicht nur Bier, sondern auch Alkoholfreies: Die Gesaris-Getränke enthalten jenes Wasser, das aus den eiszeitlichen Tiefen des Münsterlandes stammt.

Zugegeben, ein kleines Kino innerhalb einer Brauerei ist schon cool – wurde aber vom Biermuseum locker getoppt. Die ungläubigen (vielleicht auch ein bisschen neidischen?) Blicke der Besucher waren Gold wert, als Jörg Pott erklärte, dass die Gäste gerade in Georg Lechners Wohnung stünden.

Als seine Privatwohnung dem fränkischen Original zu klein wurde, da all die gesammelten Schätze aus der Welt des Bieres keinen würdigen Platz mehr fanden, musste Abhilfe geschaffen werden. Diese leistete 2003 die Brauerei, so dass die Familie Pott und auch Georg Lechner sich den Traum vom eigenen Museum erfüllen konnten. Inmitten von Vitrinen mit Flaschen, Gläsern und Krügen steht ein imposantes, dunkelbraunes Bierfass. Mit einer verschließbaren Glastür am offenen Ende.

„Das haben wir dem Lechner-Schorsch spendiert, als immer mehr Besucher sich für Fotos in sein Bett legten“, erzählte Jörg Pott lachend. Original Brauereifahnen wurden zudem zu Bettwäsche umgenäht und zahlreiche beleuchtete Flaschen schmücken das Gewölbe über der Schlafstätte.

Bevor die Tour zur großen Lager- und Veranstaltungshalle führte, in der das neue Bier präsentiert werden sollte, gab der Chef seinen Gästen noch etwas zum Schmunzeln mit: Da die Ehefrau von Lechner bei Veranstaltungen oft Etiketten auf die Flaschen klebte, wenn Georg Lechners historische Flaschenhandabfüllung im Einsatz war, erhielt sie von ihrem Gatten den liebevollen Kosenamen „Robusta“ – nach der gleichnamigen Etikettiermaschine aus den 70er Jahren.

Nach so vielen spannenden Eindrücken trieb die Gruppe dann ein Gefühl in die Franz-Arnold-Halle: Durst. In der 2007 eröffneten Lager- und Veranstaltungshalle neben dem Museum tummelten sich die Gäste an langen Reihen von Bierbänken und warteten gespannt auf die Präsentation des neuen Bieres.

Nachdem alle Besichtigungsgäste in der Halle angekommen waren, waberte plötzlich Nebel durch den Raum. Dann erschallte in voller Lautstärke „Conquest of Paradise“, ein großes Tor öffnete sich langsam und ein Gabelstapler rollte in feierlichem Schritttempo herein.

Gesteuert wurde das mit zahlreichen Kisten beladene Gefährt von Peter Wollny, der auf den Tag genau 25 Jahre in der Brauerei arbeitete und darauf später noch gebührend anstoßen würde. Jetzt hatte er erstmal die ehrenvolle Aufgabe, das 250-Jahr-Bier vorzustellen. Und zwar auf denkwürdige Weise: Geschickt steuerte Wollny den Stapler so durch die Tischreihen, dass er jede „Wetten, dass…“-Saalwette gewonnen hätte und auch jeder Gast eine Flasche „Landbier Hell“ erhielt. Zum Brauerei-Geburtstag wurde das Sortiment nämlich um diese goldgelbe Köstlichkeit erweitert.

Es folgte eine Premiere, die Jörg Pott auf der Bühne anleitete: ein gleichzeitiges, gemeinsames Plopp aus 500 Flaschen – besser als jedes Geburtstags-Feuerwerk.

„Wir holen den Stil eines bayerisch Hellen hiermit ins Münsterland. Unser Landbier Hell ist ein mildes, weiches Bier mit einer blumigen Note“, sagte Jörg Pott. „Ja, es ist das perfekte Sommerbier“, ergänzte Geschäftsführer Vertrieb & Logistik Guido Marquardt, der auch hinter der Theke mit anpackte.

Die große Feier war vom kompletten Brauerei-Team auf die Beine gestellt worden. Das Catering übernahm die Truppe um Friedhelm Forthaus, dem Betriebsleiter des angeschlossenen Braugasthofs Pott′s  Brau- und Backhaus. Deftige Gulaschsuppe auf dem Tisch, ein feinmalziges Helles in der Hand, Partymusik vom DJ auf den Ohren und die besten Kumpels dabei: Besser kann ein Vereins-Ausflug kaum sein.

TIPP: Wer ebenfalls den 250. Geburtstag von Pott′s feiern möchte, sollte sich am Samstag, 13. Juli 2019, auf den Weg nach Oelde machen. Dann feiert die Brauerei ihr großes Jubiläumsbrauereifest. Ein buntes Programm für die ganze Familie erwartet die Gäste auf dem Brauereigelände, In der Geist 120.

Beginn ist vormittags in der Altstadt mit einem großen Festumzug der Schützen- und Heimatvereine samt Kaltblut-Kutsche und Traktoren.

Um 12 Uhr werden  die ersten Fässer angestochen. Natürlich kann die Erlebnisbrauerei eigenständig besichtigt werden. Für das leibliche Wohl sorgt das Pott′s Brau- und Backhaus, zudem gibt es eine Riesenhüpfburg und mit einem Kran kann man in einem Korb in luftige Höhe gefahren werden, um über das weitläufige Gelände zu blicken.  Musikgruppen und Bands sorgen für Hörgenuss und als krönender Abschluss wartet das mitternächtliche Höhenfeuerwerk auf die Besucher. Der Eintritt ist frei.

Pott′s Brauerei GmbH
In der Geist 120
59302 Oelde

Tel.: 02522-93320
Fax: 02522-9332280
 
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Text und Fotos: Miriam Lethmate

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