Hof Krützkemper

Acht Pferde. 950 Hühner. Schätzungsweise 200.000 Bienen. Dazu noch vier Kaninchen, zwei Katzen und Hofhund Lucky – Willkommen auf dem Hof Krützkemper am Rande von Münster-Gievenbeck. Hier lebt und arbeitet die Familie von Claudia Augenstein, geborene Krützkemper, im Einklang mit Tier und Natur und all dem Guten, das daraus entsteht.

Auf den ersten Blick sind dies die frischen Lebensmittel, die der Kundschaft im Hofladen angeboten werden. Täglich rund 800 Eier der frei laufenden, frohgemuten Hühner, deren Eier sich auch in köstlichem Eierlikör wiederfinden. Selbst geschleuderter Honig von Imker Philipp Augenstein. Selbst gekochte Konfitüren aus den Früchten der alten Obstbäume hinter den Hühnerwiesen. Im Frühling fühlt man sich dort wie Madita auf Birkenlund zwischen all den duftend blühenden Apfel-, Birnen-, Pflaumen- und Kirschbäumen. Und im Herbst können es die Kinder des Hauses, siebenjährige Zwillingsjungs und das vierjährige Nesthäkchen, kaum erwarten, die Nüsse auf der Obstwiese einsammeln zu dürfen.

Den Einkauf im kleinen Hofladen können Besucher also auch zum Ausflug ins Grüne machen. Hühner, Pferde und Kaninchen beobachten, danach Leckeres aus dem Sortiment kaufen und zum Abschluss vielleicht etwas aus der großen Truhe mit Laerer Milcheis naschen. Gerade in Corona-Zeiten ist so ein Einkauf doch wie ein kleiner Urlaub vor der eigenen Haustür. Ich jedenfalls genieße das Schlendern über den Hof, das Stöbern in den Holzregalen und das Quietschen ausgelassener Kinder, die draußen über den kleinen Spielplatz toben.

Regionalität und Umweltschutz durch kurze Wege sind wichtige Argumente für die Hofläden der Region. Bedeutend ist auch die Transparenz. Diese bietet Familie Augenstein komplett und gerne: Neben den hofeigenen Produkten ist auch die Herkunft jedes anderen Lebensmittels mehr als ersichtlich. Die Rinder vom Nachbarhof weiden im Sommer auf den Krützkemper-Wiesen. Die Schlachtung erfolgt bei der Feinkostfleischerei Hidding in Nordwalde, die ebenso wie der Hof Krützkemper mit dem Münsterland-Siegel ausgezeichnet ist.

Auch das Schweinefleisch stammt von Tieren des benachbarten Hofes, die dort im Außenklimastall leben. Die Schweine haben dort großzügig Platz und können zwischen Aktiv-Bereichen mit frischer Luft und natürlichem Licht sowie geschützten Ruhe-Bereichen wählen. Das Wildfleisch von Reh und Hirsch stammt von befreundeten Jägern aus Gievenbeck und Roxel. In der Regiobox, ein Kühlschrank-Automaten zur Selbstbedienung, findet man Milchprodukte von Münsterland-Siegel-Mitglied Große Kintrup aus Münster.

„Es gibt eine sehr große Nachfrage nach natürlichen Produkten, deren Herkunft man am besten sofort sehen kann“, sagt Claudia Augenstein.

Wir sind vom Hofladen in Richtung der weitflächigen Hühnerwiesen gelaufen und sofort rennen dutzende Hennen gackernd auf ihre Chefin zu.

Die Tiere leben in vier Hühnermobilen, die regelmäßig umgesetzt werden, so dass das Federvieh stets eine frische Grasnarbe hat. Die Tiere können den ganzen Tag nach Lust und Laune scharren, flanieren, ein Nickerchen halten oder auf den Kästen der zehn Bienenvölker herumklettern. Wenn abends das Licht in den solarbetriebenen Mobilen an geht, begeben sich die Hühner eigenständig nach Hause.

„Gestartet sind wir hobbymäßig mit einem umgebauten Bauwagen und 90 Hühnern“, erinnert sich Claudia Augenstein. Mittlerweile kann die Familie täglich hunderte Eier aus dem frischen Dinkelspelz einsammeln. Also schauen wir uns an, wie sich eine aufgeplusterte Henne friedlich in den Spelz kuschelt. Der Besuch scheint sie nicht im Mindesten zu interessieren – ungerührt blickt sie an uns vorbei in die Weite des Himmels, wie es scheint. „Der Dinkel-Spelz macht das Eierlegen für die Hühner so ein bisschen zum Wellness-Erlebnis“, sagt Claudia Augenstein lachend.

800 verkaufte Eier pro Tag klingen für einen kleinen Laden am Rande der Stadt doch überraschend. Und tatsächlich: Der Hofladen wurde im Pandemie-Jahr wirtschaftlich zum zweiten Standbein für den Betrieb, der für therapeutisches Reiten bekannt ist. Claudia Augenstein ist Dipl.-Pädagogin und Reittherapeutin, ihr Mann ist Tischlermeister. Hühnerhaltung und Imkerei sind also Nebenerwerb – das Herzblut fließt nichtsdestotrotz in diese Aufgaben.

„Ja, die Hühner und Bienen stehen für meinen Mann nach Feierabend auf dem Programm. Und ich koche jeden Abend einen Topf Marmelade. Das ist sozusagen die letzte Handlung des Tages und sorgt für Entspannung“, erzählt die dreifache Mutter.

Dinkel-Spelz ist so gemütlich, dass man sogar Schabernack treiben kann und das Huhn sich nicht rührt.

Frühmorgens geht es dann wieder zur ersten Runde über die Hühnerwiesen. Eier holen, Futter und Wasser geben, alle paar Tage ausmisten. Nachmittags folgt die zweite Runde zu den Tieren, die nach Alter gestaffelt in den Mobilen leben. Hilfe erhält die Familie auch von mehrmonatigen Praktikanten aus einer Einrichtung für medizinische Rehabilitation. Mit diesen Wiedereingliederungs-Praktika unterstützt das Ehepaar Augenstein Menschen, die ihren Weg zurück auf den ersten Arbeitsmarkt antreten.

Ein Fels in der Brandung ist außerdem Senior Josef Krützkemper, dessen Urgroßvater den Hof 1903 erworben hat. Während Claudia Augenstein und ich, begleitet von Hofhund Lucky, zu den Bienenkisten am Rande der Wiese schlendern, erklingt plötzlich aufgeregtes Gegacker. Josef Krützkemper schiebt eine Schubkarre in Richtung Hühnermobil und mindestens 30 Tiere sind ihm auf den Fersen. Hier kommt wohl gerade das genfreie Futter, das die Hühner neben dem Legemehl im Stall bekommen. Von der Wiese holen sie sich natürlich noch frisches Gras, Würmer, Käfer und was sonst so kreucht und fleucht. Diese Kombination, weiß die Chefin, macht den einzigartigen Geschmack der Eier aus, die übrigens immer braun sind.

War es vor Corona so, dass der Hofladen die Bereiche Hippotherapie, therapeutisches Reiten und heilpädagogische Förderung ergänzte, hat er nun sehr an Bedeutung gewonnen.

„Leider kann ich natürlich keine Gruppen mehr betreuen. Vor Corona war die heilpädagogische Förderung mit dem Pferd Bestandteil des inklusiven Vorschul- und Schulunterrichts für Kinder aus Gievenbeck, Roxel und Mecklenbeck. Zurzeit geht nur noch die Einzelförderung“, erzählt Claudia Augenstein.

Wir folgen Lucky, der unser Ansinnen, nun einen Blick in den Pferdestall zu werfen, wohl verstanden hat. Die Tiere freuen sich über den Besuch und zermahlen genüsslich die gereichten Möhren. Im Giebel des Stalls leben übrigens auch Fledermäuse und im alten Eulenkasten nisten Turmfalken – eine echte Besonderheit.

So kann man hier am Rande von Münster echtes Landidyll spüren und sich mit aromatischem Honig, sahnigem Eierlikör oder fruchtigem Brombeergelee dieses Gefühl, dieses kleine Glück direkt mit nach Hause nehmen.

7 Kommentare Gib deinen ab

  1. Linsenfutter sagt:

    Sehr schön.
    Gruß aus Hamm.

    1. Dankeschön 🙂 Beim nächsten Ausflug nach Münster kannst du ja mal vorbei schauen. Schönes Wochenende!

      1. Linsenfutter sagt:

        Wäre eine Idee. Gruß zurück.

  2. Estelle Beck sagt:

    Ein schöner Hof und ein schöner Beitrag. Hört sich alles sehr idyllisch an! Gruß aus Billerbeck

    1. Liebe Estelle, ja, und die handgemachten Produkte sind nur zu empfehlen. Liebe Grüße zurück!

  3. Rainer Heidelberg sagt:

    Andere Hunde sind nicht Erwünscht von Claudia auch wenn unsere „Feli“ keinerlei Interesse zeigt an den Hofhund! Ich finde es sehr Arrogant mich Maßregeln zu müssen zumal die Leinenpflicht hier nicht spielt!

    1. Hallo Herr Heidelberg,
      ich befürchte, SIe sind hier an der falschen Adresse. Auf diesem Blog werden Betriebe porträtiert, die mit dem Münsterland-Siegel ausgezeichnet sind. Vielleicht sollten Sie das persönliche Gespräch mit Frau Augenstein suchen und sich zudem in einem öffentlichen Forum freundlicherer Worte bedienen. Viele Grüße, Paula Pumpernickel

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