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Imkerei Gerdes

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Update: Diesen Text, der schon etwas länger im Blog ist, habe ich mit einem aktuellen Datum nach oben gestellt, da er in aktualisierter Form in der neuesten Ausgabe der Münster urban zu lesen ist.

Mike Gerdes führt ein Familienunternehmen – und zwar mit mehreren Millionen Mitarbeitern: Bienen! Denn Mike Gerdes ist Imker. In Havixbeck betreibt er in der fünften Generation seiner Familie die Imkerei. Auch sein zehnjähriger Sohn Jonah besitzt bereits ein eigenes Bienenvolk. Jedes Bienenvolk umfasst mehrere tausend Tiere, die auf Bienenständen rund um die Imkerei in Havixbeck-Hohenholte leben. Sie gehen aber auch auf Wanderschaft in andere Regionen Deutschlands wie das Havelland in Brandenburg oder die Pfalz.

Auf dem Wochenmarkt…
Heute treffe ich Mike Gerdes jedoch auf dem Wochenmarkt in Münster. Seit 29 Jahren bietet die Familie Gerdes hier ihren Honig an. Gerade ist am Stand nicht so viel los, denn es regnet in Strömen. So kommen nur einige Stammkunden an den Honigwagen, und ich kann mich in Ruhe umsehen. Dicht an dicht stehen hier die Honig-Gläser und auf vielen entdecke ich das Münsterland-Siegel. Es gibt verschiedene Sorten wie Wald- und Blütenhonig, Raps-, Sonnenblumen- oder Heidehonig. Jede Sorte ist sowohl in ihrer Farbe als auch in ihrer Konsistenz unterschiedlich. Links an der Wand hängt ein Schild mit dem Aufdruck „Mit Bienen blüht das Leben“. „Ohne die Bienen wären die Landwirte und Obstbauern ganz schön aufgeschmissen“, erklärt Mike Gerdes. „Die Bienen sind die wichtigsten Bestäuber.“ Bevor er weitersprechen kann, rettet sich ein älteres Ehepaar vor dem Regen unter das schützende Dach des Standes. „Ein Glas von dem Akazienhonig, bitte“, sagt der Mann. Veronika Gerdes will gerade nach dem Glas greifen, als ihr Sohn Jonah den Akazienhonig schon mit einem stolzen Lächeln über die Theke schiebt. Am Wochenende begleitet er seine Eltern gerne auf den Markt.

Aber nicht nur Honig finde ich in dem strahlend gelb ausgeschmückten Verkaufswagen. Links sind sorgfältig aufgereiht einige Fläschchen zu sehen. „Wozu ist das denn gut?“, frage ich. „In den Fläschchen ist Propolis-Lösung und daneben Propolis-Creme.“ Propolis ist ein harzartiger, bräunlich gelber Stoff, den die Bienen herstellen, um kleine Spalten oder Ritzen zu stopfen. Da im Bienenstock etwa 35 Grad Celsius und eine hohe Luftfeuchtigkeit herrschen, bietet er einen idealen Nährboden für Krankheiten. Durch Propolis werden eingeschleppte Bakterien oder Pilze in ihrer Entwicklung gehemmt oder sogar abgetötet. „Viele kaufen es auf Empfehlung“, erklärt mir Mike Gerdes. „Aber nun schauen wir uns die kleinen Wunder der Natur mal an.“ Mit dem Auto sind wir in wenigen Minuten in Havixbeck-Hohenholte.

Bei den Bienenvölkern in Havixbeck…
Das Anwesen von Mike Gerdes ist umringt von Wäldern und Wiesen, auf denen einige Rinder weiden. Der mittlerweile nur noch sanft nieselnde Regen lässt es wie ein Postkarten-Idyll erscheinen. Hier steht Bienenvolk an Bienenvolk. Die Behausungen heißen Holzbeuten im Fachjargon. Klassische Bienenkörbe aus Stroh werden nicht mehr verwendet. Mike Gerdes prophezeit, dass der Regen gleich aufhört. Die ersten Bienen verlassen nämlich bereits über das Flugloch ihren Stock – und Bienen fliegen nur bei trockenem Wetter. Er hat recht: Der Regen lässt tatsächlich nach, und wir können einen Blick in das Innere eines Stocks werfen. Mit einem Stockmeißel öffnet er den Deckel, der wie festgeklebt scheint. „Das ist das Propolis, also das Bienenharz, was es etwas schwer macht, den Kasten zu öffnen“, so Mike Gerdes. Die brauen Harzreste kleben in allen Ritzen. Das Summen wird immer lauter, und ich sehe mich schon vor einem wütenden Bienenschwarm davonlaufen. Mike Gerdes zückt seine Imkerpfeife und pustet einen kleinen Stoß weißen Rauch in den Kasten. „Durch den Rauch denken die Bienen, dass es brennt und ziehen sich in den Stock zurück, um sich mit Honig vollzusaugen“, erklärt mir Mike Gerdes. „Aber sollten die Bienen nicht eher das Gegenteil tun, wenn sie annehmen, dass der Stock brennt?“, frage ich. Mike Gerdes erklärt mir, dass sie sozusagen ihre Vorräte packen und wenn der Rauch nicht zu stark wird, bleiben sie im Stock. Der Vorteil ist natürlich, dass sie dabei das Stechen vergessen. Gut für uns. „Deswegen gibt man nur einen kleinen Rauchstoß in das Volk und wartet einen Augenblick“, sagt Mike Gerdes. Die Bienen verkriechen sich und sind von uns gänzlich abgelenkt.

Jetzt kann ich mir den Kasten genauer anschauen. Er besteht aus mehreren Rähmchen, in denen die Bienen ihre Waben aus Wachs bauen. Auf jedem einzelnen Rähmchen prangt das in Holz eingebrannte Logo von Mike Gerdes. „Die habe ich alle selbst gebaut“, sagt er und zieht ein Rähmchen aus der Zarge. Eigentlich ist so ein Bienenstock eine große Brutanlage für den Nachwuchs, unterteilt in Brutraum mit Brutkammern und Pollenlager sowie Waben für den Honig als Winternahrung. Das Bienenvolk besteht aus einer Königin und mehreren tausend Bienen. Jede hat eine bestimmte Aufgabe, zum Beispiel Arbeiterin, Kundschafterin oder Amme für die Larven.

So wichtig sind Bienen für die Natur…
Im April beginnt die Honigproduktion, da dann die ersten Rapsfelder anfangen zu blühen. Wer sich nach einem Bienenstich (und ich meine nicht den Kuchen) schon mal über die summenden Quälgeister geärgert hat, muss sich vor Augen führen, dass rund 80 Prozent der einheimischen Nutz- und Wildpflanzenarten auf die Bestäubung durch Honigbienen angewiesen sind. Das sind nahezu alle Obstsorten. „Ohne Bienen gäbe es also kein Obst“, erklärt Mike Gerdes und das würde sich wiederum auf die Singvögel auswirken, die sich ja schließlich von dem Obst und den Samen ernähren. Durch die Bestäubung der Pflanzen sorgen Bienen für eine gute Ernte. „Aber könnten nicht einfach andere Insekten die Bestäubung übernehmen?“, frage ich Mike Gerdes. „Tja, der Ausdruck fleißiges Bienchen kommt nicht von ungefähr. Bienen sind einfach unglaublich produktiv. Ein Bienenvolk bestäubt täglich mehrere Millionen Blüten. Für die gleiche Leistung wären bei den Hummeln zum Beispiel über 100 Völker nötig“, sagt Mike Gerdes mit einem Lächeln.
Die Imkerei leistet deshalb einen wichtigen Beitrag für das Ökosystem. Der Nektar, den die Bienen aus den Blüten sammeln, wird durch die Enzyme der Bienen zu dem Honig, den wir kennen, und in die Waben im Stock eingelagert. Mike Gerdes zieht ein Rähmchen heraus, denn die Bienen haben hier in einem Teil des Stocks Honigwaben angelegt, die dort eigentlich nicht hingehören. Gut für mich! Mike Gerdes entnimmt die hellen, fast weißen Waben, die randvoll mit Honig sind, und ich darf probieren. Sehr lecker! Der Honig ist warm, und das Wachs so frisch, dass es sich wie Kaugummi zieht.

In der Imkerei…
Um zu sehen, wie der Honig ins Glas kommt, fahren wir zum Wohnhaus der Eltern von Mike Gerdes. Hier wartet sein Vater Werner schon an der Zentrifuge im Keller auf uns. Werner Gerdes muss zunächst die noch mit Wachs verschlossenen Waben mithilfe eines heißen Messers öffnen. Die Waben stellt er dann in die Zentrifuge, und der flüssige Honig wird bei 190 Umdrehungen pro Minute herausgeschleudert. Jetzt muss er den Honig nur noch sieben und kann ihn dann direkt in die Gläser füllen.

Zäh oder flüssig…
Aber warum gibt es Sorten, die zäh- und dickflüssig sind, und andere Sorten, die wiederum nur so vom Butterbrot herunterfließen? „Generell ist Honig, der frisch aus der Wabe kommt, immer flüssig“, erklärt Mike Gerdes. Irgendwann fangen die Zuckermoleküle allerdings an, sich auszukristallisieren. Das sei ein völlig normaler Vorgang und keinesfalls ein Zeichen von minderer Qualität. Wann das passiere, hänge von der Zuckerzusammensetzung des Honigs ab. Je mehr Traubenzucker im Honig enthalten ist, desto eher kristallisiert der Honig. Das trifft zum Beispiel auf Rapshonig zu. „Damit der Honig nicht klumpig und grob wird, rühren wir ihn solange bis er streichzart und cremig ist“, sagt Mike Gerdes und zeigt auf einen großen Bottich mit Honig.

Kleiner Tipp: Ist der Honig zu Hause auskristallisiert, einfach in einem Wasserbad erwärmen und schon wird der Honig wieder flüssig. Wichtig ist dabei, nicht heißer als 40°C zu erhitzen, da sonst die wertvollen Enzyme darin zerstört werden.

Pollenkörner verraten die Honigsorte…
Von welchen Blüten der Honig stammt, ermittelt Mike Gerdes mithilfe von unabhängigen Honiglaboren, wie dem Institut für Bienenkunde in Celle. Hier werden unter dem Mikroskop die im Honig enthaltenen Pollenkörner ausgezählt. Jede Pflanze lässt sich über die Form ihrer Pollenkörner genau bestimmen. Der Aufwand ist nötig, weil Sortenangaben wie Rapshonig oder Sonnenblumenhonig nur verwendet werden dürfen, wenn der betreffende Honig überwiegend den genannten Blüten oder Pflanzen entstammt und auch Aussehen, Geruch und Geschmack typisch für die Sorte sind.

Mike Gerdes, aber auch sein Vater Werner sind absolute Bienenexperten, beide fungieren als offiziell bestellte Bienensachverständige des Amtsveterinärs im Kreis Coesfeld. Sie engagieren sich auch für den Schutz der Bienen, werben zum Beispiel um Rücksicht bei Landwirten, damit weniger Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden. Eine faszinierende Welt, dieser Superorganismus „Biene“. Übrigens: Imkern liegt im Trend. Immer mehr Menschen, vor allem Jugendliche und auch viele Frauen fangen mit den eigenen Völkern an, sei es in der Stadt oder auf dem Land. Wer Interesse hat, kann Mike Gerdes gerne ansprechen.

Was Regionalität und Nachhaltigkeit für die Imkerei Mike Gerdes bedeutet, findet ihr hier.

Imkerei Mike Gerdes
Auf dem Blick 72

48329 Havixbeck

Fotos und Text: Maren Kuiter

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