Nachwuchs-Offensive bei Grothues-Potthoff

Das junge Gemüse vom Hof Grothues-Potthoff in Senden wächst jetzt im Frühling über sich hinaus: Vier Mitarbeiter sind auf dem Sprung vom Gesellen zum Meister beziehungsweise haben die Prüfung bereits mit Erfolg abgeschlossen. Lisa-Marie Rülk (24) und Marius Gnegel (25) sind frischgebackene Konditormeister. Friederike Kalle (23) lässt sich gerade an der Deutschen Weinschule in Koblenz von der Restaurantfachfrau zur Sommelière weiterbilden. Und Koch Nikolay Kim (39) wird sich Mitte Mai nach bestandener Prüfung bei der IHK Dortmund Küchenmeister nennen dürfen.

grothues-potthoff fb

„Wenn alles gut geht“, sagt er bescheiden lächelnd. Denn die Anforderungen seien hoch und seine Freizeit verbringt Nikolay zurzeit hauptsächlich mit Lernen. Sein Chef Elmar Grothues ist jedoch zuversichtlich, dass Nikolay mit Bravour bestehen wird. „Manchmal brauchen Mitarbeiter einen kleinen Schubs und sind dann selber überrascht, was sie alles erreichen können“, sagt der 34-jährige Wirtschaftsingenieur.

Natürlich erfordert das auch extra Einsatz: Die Freizeit nach Feierabend, den Urlaub und die Wochenenden tauschen die jungen Mitarbeiter nun gegen Spezialwissen und handwerkliche Weiterbildung. Und dank Unterstützung läuft alles meist reibungslos. So hat dann die angehende Sommelière Friederike Kalle vor Weihnachten auch mal in der Backstube ausgeholfen und Spritzgebäck zubereitet.

„Als Marius und ich in Vollzeit zur Meisterschule waren, mussten eben die Gesellen die Arbeit übernehmen. Es ist toll, dass das ganze Team das mitgetragen hat, sonst hätte es nicht geklappt“, erzählt Lisa-Marie-Rülk, die nun die Leitung der Konditorei inne hat.

Auf dem Hof Grothues-Potthoff bilden mehrere unterschiedliche Gebiete ein großes Ganzes, so gibt es das 2015 eröffnete Hotel mit gehobener Gastronomie, das Café, die Backstube, den Hofladen sowie den landwirtschaftlichen Bereich. Zwölf Azubis, die meisten im Hotelfach, gehören mittlerweile zum Team der 120 Mitarbeiter.

Gute Erfahrungen hat Elmar Grothues mit der Ausbildung von Flüchtlingen gemacht: Zwei junge Männer aus Guinea arbeiten im Café, ein Iraker macht dort zurzeit ein Praktikum. Der Betrieb steht in regem Austausch mit der  Ausländerbehörde in Coesfeld, so dass Grothues dieses Potential ausschöpfen kann – Stichwort Fachkräftemangel.

Zwar sei der im eigenen Betrieb noch nicht so gravierend. Aus unternehmerischer Sicht ist es aber Grothues′ Überzeugung, dass vor allem eine Meisterausbildung die jungen Mitarbeiter zum selbstständigen, vorbildlichen Arbeiten befähige. Wovon natürlich nicht zuletzt der Chef und sein traditionsreicher Familienbetrieb profitieren. „Ich muss ja auch einsehen, dass ich die Jobs meiner Mitarbeiter in der Gastronomie natürlich handwerklich und betrieblich gesehen gar nicht kann“, scheut sich der Chef nicht zuzugeben.

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Konditorin Lisa-Marie absolvierte den wirtschaftlichen Teil der Weiterbildung nach ihrer Ausbildung in der Abendschule, den praktischen Teil dann in Vollzeit mit Internatsunterbringung an einer Meisterschule der Kreishandwerkerschaft im Sauerland.

„Dafür durfte ich meinen ganzen Urlaub nehmen – quasi All-Inclusive in Iserlohn“, erzählt die 24-Jährige mit einem Augenzwinkern.

„Da habe ich es in Koblenz an der Weinschule wohl etwas besser getroffen“, sagt Assistant Sommelière Friederike grinsend. Sie hat die Restaurantfachausbildung im Hofcafé gemacht und kam über die Begabtenförderung an ein IHK-Stipendium für die Deutsche Weinschule.

Also: Ich entschuldige mich im Vorfeld für die naheliegende, aber zugegebenermaßen nicht sehr einfallsreiche Frage nach Friederikes Lieblingswein. Falls es mehrere gibt – kann sie die Auswahl vielleicht eingrenzen? Ihre Antwort ist dann wirklich lustig: „Ehrlich gesagt, mochte ich früher überhaupt keinen Wein!“

Super, das ist doch ein Paradebeispiel, wie man als junger Mensch während der Ausbildung seinen Horizont erweitert und Neuem eine Chance gibt.

Natürlich hat sich ihr Geschmack mittlerweile geändert, denn: „Was man nicht kennt und nicht mag, kann man auch nicht empfehlen.“ Heute, sagt die lachend, müsse sie ständig an allen Lebensmitteln schnuppern, vor allem an frischem Obst und Gemüse, von dem es auf dem Hof ja reichlich gibt. Das schult das Näschen: „So kann ich diese Gerüche später viel besser im Wein wiederfinden. Er muss ja auch perfekt zum Essen kombiniert werden“, sagt die 23-Jährige.

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Erstmal schnuppern: Friederike Kalle testet den neuen Apfelwein. Erstes Fazit: “Sehr bekömmlich, am besten eiskalt.”

Das wiederum perfekt passende Essen zum Wein kreiert Nikolay Kim, der fünf Jahre als Kochgeselle im Café und Hotelrestaurant gearbeitet hat, bevor er die Meisterausbildung begann. Geboren ist der 39-Jährige in Kasachstan. Seine Eltern wanderten 1999 nach Deutschland aus, um ihren Kindern eine bessere Zukunft bieten zu können.

Diesem Streben ist auch Nikolays Berufswahl entsprungen: „Als Gastronom oder Koch kann man überall auf der Welt arbeiten.“ Die deutsche und mediterrane Küche, die bei den meisten Gästen Priorität habe, lernte er erst als Jugendlicher hier kennen. Dieses Wissen verfeinert er stetig. Und doch gilt seine große Liebe nach wie vor dem Geschmack seiner Kindheit, der russischen Küche mit ihren sehr herzhaften Gerichten. „Die sind hier aber schwieriger auf den Markt zu bringen“, gibt Nikolay lächelnd zu.

Sich wandelnde Geschmäcker kennen die Konditoren Lisa-Marie und Marius zu gut. Die klassische, vierstöckige Hochzeitstorte mit aufwändiger Verzierung stand lange Zeit ganz oben auf der Wunschliste in ihrem Arbeitsalltag. „Ich mag einfach diese Feinarbeit, das konzentrierte Arbeiten an Details“, sagt Marius. „Ja, Marius kann sich mit Hingabe den Buttercremeröschen widmen. Mir fehlt dazu manchmal die Geduld“, sagt Lisa-Marie grinsend.

Als vor einiger Zeit plötzlich die sogenannten „Naked Cakes“ gehypt wurden, war die 24-Jährige gar nicht angetan von diesen Torten, denen Glasur, Fondant oder sonstige Ummantelung fehlen. Dieses Frühjahr allerdings sind die mit viel Obst garnierten, kreativ gestalteten Kuchen klarer Favorit bei Lisas Lieblingsarbeiten.

Unternehmensleiter Elmar Grothues ist stolz auf das große Engagement seiner jungen Mitarbeiter: „Ich bin sehr froh, dass alle vier das auf sich genommen haben – eine tolle Leistung, natürlich auch des gesamten Teams. Den Fall, dass vier Mitarbeiter zeitgleich eine derart umfangreiche Weiterbildung gemacht haben, hatten wir nämlich noch nie.“

Hof Grothues-Potthoff
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