Braumanufaktur Bonekamp

Die Geschichte ist einfach so schön: Weil er auf den Rat von Freunden hörte und eine gute Portion Mut bewies, besitzt Dirk Bonekamp nun seine eigene kleine Braumanufaktur. Es war eigentlich nur ein heiß geliebtes Hobby mit vielen Experimenten und mit einem 20-Liter-Starterset, entwickelte sich jedoch innerhalb weniger Jahre zu einem Geheimtipp im Freundeskreis von Dirk Bonekamp.

Nachdem er immer öfter den Ratschlag bekommen hatte, das Brauen professionell anzugehen, traf sich der gelernte Landwirt mit einem unabhängigen Biersommelier. „Der riet mir dann auch, aus dem Hobby einen Beruf zu machen“, erklärt Bonekamp seinen Start, als er eine Scheune auf dem eigenen Grundstück zur Braumanufaktur umbauen ließ. Ende 2019 war die Eröffnung – und der 48-Jährige ist jetzt noch ein bisschen überrascht, wie rasant sich der Erfolg einstellte.

Ich darf heute hinter die Kulissen der Manufaktur in Dülmen-Rorup schauen. Dirk Bonekamp braut hier hochwertige Craft-Biere aus rein natürlichen Inhaltsstoffen. Eigenes Grundwasser vom Hof, Hopfen, Gerstenmalz, Weizenmalz, Hefe – das sind die Inhaltsstoffe. „Etwas anderes kommt nicht rein. Zusatzstoffe oder ähnliches gibt´s hier nicht.“

Seine Brauanlage, eine Sonderanfertigung einer Firma aus Gescher, befindet sich in einer ehemaligen NATO-Pumpstation auf dem eigenen Grundstück. Das ehemalige Militärgelände konnte die Familie 2002 zurückerwerben, das Gebäude wurde seither als Getreidelager und Betriebswerkstatt genutzt. Sobald der Umbau zu lebensmittelechten Räumen vollzogen war, fiel der Startschuss für die Arbeit in der Braumanufaktur.

Heute sorgt Bonekamp für den dringend benötigten Nachschub in den Lagertanks, denn das Weihnachtgeschäft lief extrem gut. Der Landwirt braut fast täglich, die Morgen sind mit diesem Handwerk gut ausgefüllt. Außerdem werden auf dem Bauernhof Schweine gehalten sowie Gerste, Weizen, Mais, Raps und Ackerbohnen angebaut. Der Vorteil, das Braugetreide auf den eigenen Ackerflächen anbauen zu können, ist natürlich Gold wert.

Da die komplette Produktion auf dem Hof in Dülmen stattfindet, sind die Biere mit dem Münsterland-Siegel ausgezeichnet. Dieses kennzeichnet Produkte, die nachweislich im Münsterland angebaut oder hergestellt wurden.

Seinen Betrieb wuppt der Familienvater mit der Unterstützung von einigen Schülern als Minijobber. Der normale Arbeitstag dauert meistens von 06:30 bis mindestens 18 Uhr. An der Ruhe, Konzentration und Routine, mit der Dirk Bonekamp der Arbeit an seiner Brauanlage nachgeht, erkennt man jedoch sofort, dass er dieses Hobby, das Beruf wurde, einfach liebt.

Die digitale Anzeige des Maischebottichs im Blick, erklärt mir Dirk Bonekamp nun die nächsten Schritte. Die Maische, das geschrotete Malz, hat jetzt 78° C erreicht und wird noch 20 Minuten im Bottich weiter umgerührt. Zwischendurch erfolgt die Iodprobe: ein wenig Maische, ein paar Tropfen Braueriod und man erkennt, ob noch Stärke in der Maische ist. „Das Gemisch würde sich sofort blau färben.“ Und Stärke möchte niemand mehr sehen – schließlich kann die Hefe bei der Gärung ausschließlich Malzzucker in Alkohol verwandeln.

In Winterswijk in einer kleinen Tennenmälzerei, die das Handwerk ganz ursprünglich betreibt, wird das Malz gewendet und getrocknet. Foto: Dirk Bonekamp

Drei Stunden benötigt der Vorgang des Maischens, bevor der Getreidesud in den Läuterbottich geleitet werden kann. Bonekamp verbringt den ganzen Morgen vor Ort, macht zwischendurch Büroarbeit, immer mit einem Ohr am Bottich und einem Auge auf der Anzeigetafel, denn in mehreren Schritten wird die Maische von 45 auf 78 Grad erwärmt.

Wenn alles glatt läuft, kann gegen 10 Uhr geläutert werden. Vorher fließen die zu großen Spelze aus dem Bottich über den Boden gen Abfluss. Natürlich wird im Anschluss alles direkt gereinigt. „Das Brauhandwerk ist immer mit Putzen verbunden“, sagt Dirk Bonekamp lachend.

Das Läutern, also Filtern, des Maischesuds ist der essentielle Schritt für die Qualität des Bieres. Während sich die festen Stoffe der Maische im Bottich absetzen, entsteht der Biertreber, durch den die Maische fließt. Aber Obacht: „Das ist die heikle Phase des Brauens. Wenn das Läutern zu schnell geht, zieht sich der Treberkuchen zusammen wie ein Schwamm, da geht dann nix mehr durch.“ In solchen schief gegangenen Fällen nehme das Läutern schnell mal sechs bis acht Stunden in Anspruch. „Man hat keinen Qualitäts-, aber eben einen enormen Zeitverlust.“

Diese Erfahrungen hat Dirk Bonekamp anfangs selbstverständlich selber sammeln müssen. Sich solch ein Handwerk selber anzueignen, verlangt viel Ausdauer und Enthusiasmus! Denn der heutige Bierbrauer hat sich wirklich jeden kleinen Kniff angelesen und später einige Kurse und Fortbildungen besucht. „Learning by doing hat den Vorteil, dass man keinen Druck hat und nicht gegen Vorurteile kämpfen muss“, sagt Bonekamp, der schon früh das Glück der Wahlfreiheit hatte.

Als ältester Sohn eines Landwirts und Bruder von drei Schwestern hätte sein Lebensweg ganz traditionell festgelegt sein können. Schließlich wurde die Hofstelle Bonekamp in Rorup im Jahr 1340 erstmals urkundlich erwähnt, so dass schon das reine Verantwortungsgefühl für diese unglaubliche Historie manchen Junior zur Hofübernahme gebracht hätte.

Dirk Bonekamp hingegen betont, dass sein Vater immer sehr offen gegenüber anderen Ideen gewesen sei und ihm die Wahl gelassen habe, ob er die Hofnachfolge wirklich antreten wolle. Und so habe er – nach ein paar Liebäugeleien mit anderen Berufen – selber diese Entscheidung getroffen, den Betrieb weiterzuführen, in dem er quasi aufgewachsen ist. „Das alles liegt einem dann doch wirklich am Herzen und mein Vater hat sich natürlich sehr gefreut.“

Während er erzählt, schaut der Brauer zwischendurch nach, ob der Treber gelockert werden muss. 300 Liter entstehen pro Brauvorgang, maximal 1200 Liter können pro Woche in den Gärtanks gelagert werden. Wenn das Bier dort zwei Wochen gearbeitet hat, kommt es in die Lagertanks. Diese stehen im Kühlraum nebenan, in den ich auch einen Blick werfen darf.

Im großen Lager befindet sich zudem das komplette Equipment wie Etikettiermaschine, Kisten, Flaschen – nicht nur die eigenen 0,33-Steinis, sondern auch eine eindrucksvolle Garde Leerguts feiner Biere aus allen Himmelsrichtungen. „Ja, das ist auch Fortbildung!“, sagt Bonekamp lachend. Sein absoluter Favorit ist Weizenbier, da die Hefe den Geschmack verfeinere. Im Obergärigen bilde die Hefe zudem Nebenaromen wie z.B. den Bananen-Nelken-Geschmack, der das Weizenbier unverwechselbar mache.

In der Braumanufaktur produziert Bonekamp auch Besonderheiten wie Rauchbier, Weihnachtsbock, Imperial Stout, das 15 Wochen reifen muss, oder Grünhopfenbier. Für letzteres griff der Landwirt zusätzlich zu Schaufel und Draht: Auf einer Wiese neben der Brauerei ist nun ein kleines Feld zu finden, auf dem sich selbst gepflanzter Hopfen gen Himmel reckt. 

All seine Kreationen stellt Dirk Bonekamp im großen Schankraum mit Blick auf die Brauanlage im hinteren Bereich bei Verkostungen vor. Am Malz schnuppern, Hopfendolden unter die Lupe nehmen, Treberbrot probieren und natürlich stets einen guten Schluck der verschiedenen Biersorten genießen: In den rund dreistündigen Biertastings – je freitags- und samstagsabends sowie samstagsnachmittags – erfährt man alles übers Brauhandwerk und kann sich selber von der Qualität der Dülmener Biere überzeugen. Und das Geschäft läuft gut: Sowohl die Brauereibesichtigungen als auch die Tastings sind meist drei Monate im Voraus ausgebucht. Die Buchung erfolgt nur über die Website (Link siehe unten).

Wer einfach so mal vorbeischauen möchte, kann im Hofladen fündig werden, der freitags von 16 bis 18 Uhr und samstags von 10 bis 12 Uhr geöffnet hat. Alle Biere aus der Braumanufaktur werden zudem bewusst nur in einem Umkreis von 30 Kilometern vertrieben und zwar in Supermärkten, denen regionale Produkte wichtig sind. Es gibt jedoch auch einen Onlineshop für Bonekamp-Fans in größerer Entfernung.

Bei den Verkostungen gibt der Brauer wichtige Tipps für den perfekten Biergenuss. Foto: Braumanufaktur Bonekamp

Fährt man auf der Suche nach regionalem Bier nach Rorup, kann man das große Banner mit den hübschen Flaschen am Eingang kaum verfehlen. Der Stacheldrahtzaun ist nur eine Reminiszenz an die NATO-Zeiten, vier freundliche Engel vom Logo weisen den Weg zur Braumanufaktur. Und mit folgender schönen Anekdote beende ich meinen Bericht über die Brauerei, deren Besuch ich nur empfehlen kann: Das Label ist nämlich das alte Bonekamp´sche Hofwappen, eine Linde umringt von den Flügeln vierer Engel.

„Es ist eine alte Zeichnung von der niemand weiß, wo sie herkommt“, erzählt Dirk Bonekamp schmunzelnd. Sie befindet sich in der Bleiverglasung der Eingangstür zum Bauernhaus, die mindestens 130 Jahre alt ist. Der Brauer hat das Wappen fotografiert, einem Grafiker geschickt und so behüten die vier Engel nun sowohl den Hof, als auch die Brauerei.

Text und Fotos: Miriam Lethmate

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