EIS LOUNGE

ps3b7551Der Karamell läuft langsam, Runde um Runde, auf den Boden des Eisbechers. Als der Boden vollständig bedeckt ist, drückt Hanna Thomas den Hebel der Maschine wieder hoch und dreht sich um. Sie nimmt den Eis-Portionierer aus dem Wasserbad, taucht ihn in das Haselnuss-Eis, schöpft eine Kugel heraus und drückt sie in den Becher. Pistazie und Erdnuss-Karamell folgen. Schicht um Schicht wächst der Eis-Lounge-Becher, der schon beim bloßen Anschauen klar macht, was das gleichnamige Unternehmen aus Maria Veen im Kreis Borken seinen Kunden verspricht: Genuss.
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ps3b7397Doch damit allein gibt sich Betriebsleiterin Elisabeth Kranz nicht zufrieden. Die Eis Lounge ist ein Integrationsbetrieb, der 2015 aus dem Gedanken heraus entstanden ist, den 2800-Einwohner-Ort nach mehreren Geschäftsaufgaben neu zu beleben und auch für junge Leute interessant zu machen. Es gibt Veranstaltungen: Autorenlesungen, Lesungen für Kinder, ein regelmäßiges Kneipenquiz und Candlelight-Dinner. Die Räume kann man für Feiern mieten. Und die Eis Lounge hat noch eine Besonderheit: Die Zutaten, die für das Eis, die Waffeln, den Kuchen und das weitere Angebot verwendet werden, stammen aus dem Münsterland, wo immer es möglich ist. „An etwas anderes haben wir bei der Entwicklung des Konzepts nie gedacht“, sagt Kranz. „Alles sollte so natürlich sein, wie es geht.“

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Träger der Eis Lounge ist die Kölner Josefs-Gesellschaft. Das Tochterunternehmen Transfair Montage betreibt sowohl die Eis Lounge als auch den Benediktushof in Maria Veen, der Ausbildungs-, Arbeits- und Wohnort für Menschen mit Beeinträchtigungen ist. Hier wird das Eis hergestellt – von sieben Menschen mit Beeinträchtigungen entsprechend ihrer Möglichkeiten. „Das ist bei dem einen das Äpfel schälen, bei der anderen aber die Teamleitung“, sagt Elisabeth Kranz. Die Teamleiterin, das ist Simone von Kuick. Sie ist gehörlos.

Bei unserem Besuch arbeitet sie allein im Eislabor. Zwischen den komplett verchromten Maschinen, Arbeitsflächen und Kühlschränken strahlt sie eine absolute Ruhe aus. Sie wiegt die Zutaten für die Fruchtbase ab und gibt sie in den Pasteurisator, der alles auf 87 Grad erhitzt. Zwischendurch stellt sie ein paar Eisschalen in den Schockfroster. Für später. „Wenn die Masse pasteurisiert ist, kommt sie mit anderen Zutaten wie zum Beispiel Äpfeln in eine Schüssel unter den Pürierstab“, erklärt Kranz. Bis zu zwölf Kilo verwandelt der Riesenstab in wenigen Minuten zu einer feinen Masse. Über einen Trichter kippt Simone von Kuick die Mischung in die Eismaschine. Schon während es hereinfließt, dreht sich die große Trommel wie eine Waschmaschine – nur deutlich langsamer.

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ps3b7275ps3b7194Drei Stäbe im Inneren kneten das Eis immer wieder durch – bis zur perfekten Konsistenz. Wann diese erreicht ist, hat etwas mit dem Gefühl für den richtigen Moment zu. Holt Simone von Kuick das Eis zu früh raus, ist es zu weich. Wartet sie zu lange, ist es zu hart. „Wichtig ist aber auch die Menge von Fett und Zucker“, erklärt Kranz. „Fett macht Eis hart, Zucker macht es cremig. Die große Kunst ist es also, cremiges Eis mit möglichst wenig Zucker herzustellen.“ Dabei spielt schon der Reifegrad der Erdbeeren eine Rolle. „Als wir das erste Erdbeer-Eis hergestellt haben, wunderten wir uns, warum das Eis nach ein paar Wochen bei unveränderter Mischung plötzlich so weich wurde. Je reifer die Früchte wurden, umso mehr Zucker enthielten sie.“

ps3b7168ps3b7148Das Eis ist jetzt fertig. Simone von Kuick holt eine silberne Schale, wie man sie aus der Auslage der Eisdielen kennt, aus dem Schockfroster und stellt sie unter den Ausfluss. „Hätte die Schale Raumtemperatur, würde das Eis sofort anfangen zu schmelzen“, erklärt Kranz. Simone von Kuick öffnet währenddessen die Klappe. Das Eis quillt sofort zwischen den Stäben heraus. In wenigen Sekunden ist die Schale voll. Die Teamleiterin bringt sie in den Schockfroster und holt die nächste Schale heraus. Und die nächste. Etwa eineinhalb Stunden wird das Eis jetzt bei -40 Grad durchgehärtet. Dann kommt es noch eine Nacht in den Gefrierschrank bei -16 Grad, bevor es bereit für die Lagerung und den anschließenden Verkauf ist. An den deckenhohen Kühlschränken im Vorraum des Eislabors hängen Listen mit bereits fertigem Eis. Apfel 4, Zitrone 6, Mango 10. Nebenan geht es weiter. Keks 7, Amarena 6. Jeden Morgen schaut Elisabeth Kranz, welche Sorten in der Eis Lounge fehlen, und bringt sie dann in den Styropor-Transportboxen zum Laden.

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22 Sorten sind dauerhaft im Angebot. Drei Kühlschränke bieten auch in der Eis Lounge ausreichend Lagerraum. Im Service und in der Küche arbeiten sowohl Menschen mit Beeinträchtigungen, die das Arbeits- oder Integrationsamt vermitteln, als auch Menschen ohne Beeinträchtigungen, die zum Beispiel soziale Arbeit studieren oder Praktika in der Heilerziehungspflege machen. 24 Mitarbeiter sind es insgesamt. „Der Dienstplan ist natürlich immer ein riesiges Puzzle, da ich nicht nur darauf Rücksicht nehmen muss, wann die Mitarbeiter Zeit haben, sondern auch gucken muss, wer was kann, ob er ausreichend gefordert oder über- oder unterfordert mit der geplanten Aufgabe ist“, erklärt Elisabeth Kranz. Sie hat eine Ausbildung als Hotelfachfrau gemacht und lange in der Gastronomie gearbeitet hat. Dann wechselte sie in die Heilerziehungspflege und absolvierte 2015 ihr Examen. „Dass ich jetzt Gastronomie und Integration verbinden kann, ist natürlich großartig“, sagt sie.
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Weitere Impressionen:

Eis-Lounge Maria-Veen
Poststraße 23
48734 Reken
Tel.: 02864-9508710

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