Hof Grothues-Potthoff (Obst- und Gemüsebau)

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Äpfel, Birnen, verschiedenste Beeren und Spargel: Wer wie ich ein Obst- und Gemüsefan ist, wird sich wohl fühlen auf dem Hof Grothues-Potthoff. Der familiengeführte Betrieb in Senden verbindet mit der Landwirtschaft, dem Café, der Bäckerei, dem Hotel und Restaurant und den Swing- und Spielgolfplätzen sowohl Freizeitangebote als auch Gastronomie sowie Lebensmittelerzeugung und -verarbeitung auf dem historischen Gelände. Die Landwirtschaft hat auf Hof Grothues-Potthoff eine sehr lange Tradition, die bis in das 13. Jahrhundert zurückreicht. In den 1980er Jahren stieg die Familie Grothues auch aufgrund der Ortsnähe zu Senden von der Schweinehaltung auf den Anbau von Spargel um. Das war gleichzeitig der Einstieg in die Direktvermarktung. Das erste Spargelfeld legte die Familie Grothues 1989 an. Es folgten Plantagen mit Kernobst (Äpfel und Birnen) und Beerenobst (Himbeeren, Heidelbeeren, Erdbeeren, Brombeeren, Johannisbeeren, Stachelbeeren). Weizen für Brotmehl, das für die hauseigene Bäckerei gemahlen wird, baut die Familie ebenfalls selbst an. Für die Landwirtschaft mit dem Obst- und Gemüseanbau ist Alexander Grothues zuständig. Sein Bruder Elmar kümmert sich um die Verwaltung und den Vertrieb. Elmar Grothues ist zudem Vorsitzender des Netzwerks Münsterland Qualität e.V. und nutzt das Regionalzeichen Siegel-Münsterland  für die auf dem Hof erzeugten Produkte. So können Verbraucher im Handel direkt erkennen, dass die Produkte aus dem Münsterland stammen.

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Bei meinem Besuch an einem schönen Septembertag ist die Spargelsaison natürlich längst vorbei, und auch die Erdbeerernte neigt sich dem Ende zu. Rund 3,5 Kilogramm frische Erdbeeren isst jeder Deutsche im Jahr. Sie sind ein guter Lieferant wichtiger Vitamine und Mineralstoffe und enthalten viel Folsäure, die wichtig für die Zellteilung ist. In 100 Gramm Erdbeeren steckt sogar mehr Vitamin C als in der gleichen Menge Zitronen. Nicht nur das ist ein Vorteil der heimischen Frucht, auch der Geschmack steigt, je lokaler der Anbau. Erdbeeren von weit her werden häufig zu früh gepflückt, um den langen Transport zu überstehen – das geht sowohl zu Lasten der Umwelt als auch des Aromas. Auf dem Hof Grothues-Potthoff wächst ein Teil der Erdbeerpflanzen in langen weißen Folientunneln, in denen die Pflückerinnen dabei sind, die letzten Erdbeeren der Saison zu ernten. „Jetzt sind nur noch wenige Pflückerinnen da“, sagt Elmar Grothues. „In Spitzenzeiten arbeiten bei uns bis zu 70 Frauen und Männer.“ Die empfindlichen Erdbeeren und die anderen Beeren werden fast ausschließlich von Frauen geerntet, da diese häufig mehr Fingerspitzengefühl besitzen, erfahre ich.

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Die Erdbeerpflanzen hängen in Kübeln etwa auf Augenhöhe. So können sie gezielt bewässert und die Früchte leichter gepflückt werden. Zudem sind die Erdbeeren vor Bodennässe geschützt. Das Foliendach schützt sie zusätzlich vor zu viel Nässe, Frost und unerwünschten Schädlingen. „Wir heizen in einigen der Tunnel. So haben wir die Möglichkeit, schon Anfang April frische Erdbeeren zu pflücken“, erklärt Elmar Grothues. „Die benötigte Energie erzeugen wir mit unserer hofeigenen Hackschnitzelheizung. Um den Hof herum betreiben wir auch Forstwirtschaft, da bekommen wir genug Holz zusammen.“ Aber wie erfolgt die Bestäubung der Blüten in den Tunneln? Denn ohne die Bestäubung, die normalerweise von Insekten und dem Wind erledigt wird, fangen die Früchte nicht an zu wachsen. „Wir lassen dafür extra Hummelvölker auf den Hof kommen und schicken sie in die Tunnel“, erklärt Elmar Grothues. Hummeln können sich in den Tunneln besser orientieren als Bienen und sind auch nicht so temperaturempfindlich. Sie werden schon bei fünf Grad aktiv. Auch Hitze macht ihnen weniger aus. „Die letzten Erdbeeren, die die Frauen gerade pflücken, verkaufen wir in unserem Hofladen oder verarbeiten sie in der Konditorei“, erklärt Elmar Grothues. In der Hauptsaison werden die Erdbeeren aber auch in den Handel gegeben.

Weitere Tunnel beherbergen Brombeeren und Himbeeren. Draußen erstreckt sich ein großes Feld mit knapp 7.000 Heidelbeersträuchern. Vereinzelte Beeren hängen dort noch. Ich schiebe mir gleich ein paar in den Mund. Die Brombeeren lasse ich in Ruhe. An den Hecken zu Hause sind sie immer ziemlich säuerlich. Doch Elmar Grothues versichert mir: „Unsere Sorten sind sehr süß.“ Und ja, er hat Recht!

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Das beliebteste Obst der Deutschen, der Apfel, wächst auch auf dem Hof Grothues-Potthoff – und zwar zusammen mit den Birnen auf gleich zwei Plantagen. Wir begleiten Plantagenleiter Michael Schulze Austrup-Streyl zur größeren der beiden Flächen. Er arbeitet bereits seit 7 Jahren hier auf dem Hof, erfahre ich. „Ich komme ursprünglich aus der Nutztierhaltung und dachte, ich würde die Tiere vermissen“, erzählt der Landwirt. „Aber der Obstanbau macht mir sehr viel Spaß.“ Gerade Reihen beinahe unzähliger Bäume erstrecken sich über die Plantage. 15 verschiedene Apfelsorten wie Fuji, Rubinette und Gala wachsen hier. Die Bäume für den Obstbau unterscheiden sich sehr von den Bäumen, die wir im Garten haben. Es sind spezielle Spalierobstbäume. Sie werden nicht so hoch, und die Äpfel wachsen nah am Stamm ohne größere Astgabeln. „Diese Art der Bäume haben den Vorteil, dass die Erntehelfer ohne Leiter pflücken können“, erklärt Michael Schulze Austrup-Streyl.

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Im Frühjahr kommen Imker aus dem Münsterland zu den Plantagen und bringen ihre Bienenvölker. So werden die Blüten der Bäume bestäubt, gleichzeitig sammeln die Bienen viel Honig. In den Reihen stehen auch immer mal wieder Bäume mit nur sehr kleinen Äpfeln. „Das sind Zieräpfel“, erklärt Michael Schulze Austrup-Streyl. „Die sorgen für eine bessere Bestäubung.“ Denn jeder Baum braucht mindestens die Pollen einer zweiten Baumsorte, um Früchte auszubilden, das wusste ich auch noch nicht.

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„Wir beobachten die Bäume, Blüten und Früchte sehr genau“, erzählt Michael Schulze Austrup-Streyl. „Denn die Bäume sollen nicht krank werden, und die Äpfel nicht von Insekten beschädigt werden.“ Wenn es während der Blütezeit zu frostigen Temperaturen kommt, können die Blüten erfrieren. Deshalb gibt es auf der Plantage nicht nur eine große Bewässerungsanlage, die für die richtige Wasserzufuhr sorgt, sondern auch eine Beregnungsanlage gegen Frostschäden. Beregnung gegen Frostschäden? Das erstaunt mich. Der Plantagenleiter erklärt es: „Die Blüten werden bei Frostgefahr ähnlich wie mit einem Rasensprenger nass gespritzt. Wenn das Wasser auf den Blüten gefriert, wird Wärme freigesetzt, die die Blüten über 0 Grad hält. So gefrieren sie nicht.“ Wann sich Frost ankündigt, erfahren Michael Schulze Austrup-Streyl und seine Mitarbeiter durch automatische Nachrichten auf ihre Telefone.

Gepflückt werden die Äpfel von August bis November. Welche reif sind und welche besser noch eine Weile am Baum bleiben, entscheidet Michael Schulze Austrup-Streyl jeden Tag neu, zum Beispiel anhand ihrer äußerlichen Färbung. Wenn die Äpfel schön rot sind, mögen die Kunden sie am liebsten, auch wenn das nicht unbedingt einen Geschmacksunterschied macht, erfahre ich. „Wir machen zudem einen Jod-Stärke-Test“, erklärt der Plantagenleiter und hält uns mehrere aufgeschnittene Äpfel entgegen, die eine seltsame bläuliche Färbung haben. Michael Schulze Austrup-Streyl hat die aufgeschnittenen Äpfel mit Jod besprüht. Wenn sich Stellen dunkel verfärben, hat sich die Stärke noch nicht in Zucker verwandelt, und der Apfel ist noch nicht süß – und somit auch nicht reif. „Wir probieren die Äpfel aber natürlich auch. So schmecken wir, wann der beste Zeitpunkt ist“, erklärt er und lacht. „Die Erntezeit ist die schönste Zeit. Da wird man für seine Arbeit belohnt.“

Ich schaue fasziniert den Erntehelfern zu, wie sie geübt nur die reifen Äpfel abpflücken und sie auf ein Fließband legen, das die Äpfel vorsichtig in einen Auffangkorb befördert. Die Maschine fährt automatisch mit durch die Reihen. Ein bis eineinhalb Tonnen Äpfel pflückt jeder Arbeiter etwa am Tag. „Unsere Erntehelfer sind Gastarbeiter, die meist aus Polen und Rumänien kommen. Viele von ihnen kommen immer wieder zur Saison zu uns und wohnen dann auch mit auf dem Hof.“

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Zurück auf dem Hof treffe ich den Chef des Obst- und Gemüseanbaus, Alexander Grothues, der uns zusammen mit seinen Kindern und dem Hofhund (natürlich ein Kleiner Münsterländer) die kleine Apfelplantage direkt neben dem Hotel zeigt. Nachdem das Obst geerntet worden ist, werden die Äpfel in einer großen Halle gewaschen und nach Größe sortiert. Sie kommen in Kisten oder werden verpackt und im Hofladen oder dem Supermarkt verkauft. Äpfel sind ein echter „Reifeturbo“. Sie geben ein spezielles Reifegas (Ethylengas) ab, das für eine schnellere Reifung von anderem Obst und Gemüse sorgt. Daher sollten Äpfel getrennt gelagert werden, es sei denn man möchte die Reifung beschleunigen.

PS3B9594Obst, das im Moment noch nicht benötigt wird, kommt in ein Kühllager. „Die Luft darin hat nur sehr wenig Sauerstoff“, erklärt Elmar Grothues. „Deshalb ist es sehr wichtig, dass man nicht einfach so in ein Lager hineingeht, dann wird man schnell ohnmächtig.“ Durch den geringen Sauerstoff und die Kälte bleiben die Äpfel frisch und können über das Jahr verteilt gegessen werden. Über 30 Vitamine und Spurenelemente und wertvolle Mineralstoffe haben sie. Die meisten davon sitzen direkt unter der Schale.

„Wir verarbeiten einen Teil unserer Früchte aber auch selbst, zum Beispiel zu Säften oder Likören“, erzählt Elmar Grothues. Mutter Paula kocht für den Hofladen die unterschiedlichen Konfitüren. Den Hofladen, der genau gegenüber des Cafés und neben der Bäckerei liegt, führt Elmars Schwester Eva Langenkamp. Die Besucher können hier sämtliche Hoferzeugnisse wie Backwaren, Obst, Gemüse und die selbstgemachten Produkte kaufen. „Die Direktvermarktung ist uns sehr wichtig“, sagt Elmar Grothues. „So bekommen wir auch direktes Feedback unserer Kunden.“

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Komplettiert wird das Sortiment im Hofladen durch viele Spezialitäten anderer Unternehmen aus dem Münsterland: Spirituosen der Feinbrennerei Sasse, Nudeln von Althues, Kaffee der Rösterei Imping oder Milchprodukte von Hof Große Kintrup. „Wir beliefern uns gerne gegenseitig“, erzählt Elmar Grothues, „so wird beispielsweise der Himbeerlikör im „Münsterländer Aperitif“ der Feinbrennerei Sasse aus unseren Beeren hergestellt.“ So endet die große Tour über den Hof dort, wo sie begonnen hat: auf dem Platz vor dem Café. Einen Einblick in das Café, die Backstube und das neue Hotel samt Restaurant gibt es hier.

Was Regionalität und Nachhaltigkeit für den Hof Grothues-Potthoff bedeutet, findet ihr hier. 

Hof Grothues-Potthoff
Hof Grothues-Potthoff 4-6
48308 Senden
Tel.: 02597-69640
Fax: 02597-696415

Unbenannt-1Fotos: Maren Kuiter            PS3B0800 (3) Text: Joana Holthaus

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