Ziemlich genau zwischen Beckum, Ennigerloh und Oelde liegt mitten im Grünen das Landgasthaus Hohen Hagen. Eine alte Betonstraße führt durch den Wald und vorbei an Feldern hinauf zum Restaurant. Ja, tatsächlich hinauf. Denn für das flache Münsterland erstrecken sich hier schon beinahe Berge vor mir. Zufällig verirrt sich wohl kaum jemand hier hoch, daher ist es gut, dass Schilder entlang der Rad- und Reitrouten den Weg zum Restaurant weisen.
Innovativ und kreativ, aber zu ausgefallen darf es auf dem Land nicht sein …
Der Hof Hohen Hagen wird im 17. Jahrhundert erstmals urkundlich erwähnt. Mit Flaschenbier und Schinkenschnittchen starteten Agnes und Ferdinand Weitenberg den gastwirtschaftlichen Betrieb 1956. Seitdem hat sich viel getan. Nach zahlreichen An- und Umbauten führt nun Heiko Weitenberg in der dritten Generation das Restaurant mit dem schönen unter Bäumen liegenden Biergarten, dem Saal und dem gemütlichen Gastraum. Die Schnittchenplatte steht immer noch auf der Speisekarte. „Und sie wird gerne bestellt“, erzählt Heiko Weitenberg. Dabei bietet seine Küche kulinarisch deutlich mehr als belegte Brote. „In unsere Karte und den Betrieb fließen die Erfahrungen ein, die ich im Laufe meiner Karriere in verschiedenen Häusern gesammelt habe. Daraus habe ich dann meine eigenen Rezepte entwickelt.“ Die Küche des Landgasthauses ist so ein Zusammenspiel aus alten, traditionellen und bodenständigen Gerichten und Zutaten – gepaart mit innovativen und kreativen Ideen des Küchenchefs. „Zu ausgefallen darf es hier in der ländlichen Gegend aber nicht werden“, sagt Heiko Weitenberg und lacht. Wenn mal exotischere Gerichte wie ein Salat mit Black Tiger Garnelen und einem Ananas-Chutney auf der Karte landen, müssen sie nicht selten mangels Bestellungen wieder den traditionelleren Gerichten weichen.
Aus Kollegen werden Freunde – das Köche-Quartett …
„Das macht nichts. Ich bleibe meinen Wurzeln gerne treu und ergänze sie mit aktuellen Trends“, erklärt mir der Koch auf dem Weg in die Restaurantküche. „Wir haben in der Region gute Produkte und es ist toll, die Lieferanten und Kollegen persönlich zu kennen.“ Mit drei seiner Kollegen hat Heiko Weitenberg besonders engen Kontakt. Denn gemeinsam mit ihnen bildet er das Köche-Quartett, das gemeinsam auf regionalen und überregionalen Veranstaltungen zeigt, was das Münsterland kulinarisch zu bieten hat. Zudem gibt es im Landgasthaus Hohen Hagen immer wieder Aktionen, um den Gästen die Vielfalt und Qualität der Lebensmittel aus der Region näher zu bringen. Dazu gehört das Bierkulinarium mit der Pott´s Brauerei ebenso wie das Apfelfest, auf dem es neben allerlei Gerichten rund um den Apfel auch eine Saftpresse gibt, mit der die Besucher ihre eigenen Äpfel zu Saft pressen lassen können.
Die Streuobstwiese liefern die Früchte für den hauseigenen Schnaps …
Heiko Weitenberg baut selbst eigenes Obst an. Neben dem Ziegengehege liegt die Streuobstwiese mit 28 Obstbäumen, an denen unter anderem Kirschen, Mirabellen, Äpfel, Pflaumen und Walnüsse wachsen. „Morgens zu schauen, wie weit die Blüte ist oder wie die Früchte sich entwickeln, das ist Entspannung pur“, erzählt Heiko Weitenberg. Geerntet wird dann mit den Mitarbeitern zusammen. „Zum Teil verwenden wir das Obst in der Restaurantküche direkt oder frieren es ein. Aber auch andere Produkte entstehen daraus, wie zum Beispiel das hier“, erklärt Heiko Weitenberg und reicht mir lächelnd ein kleines Glas mit klarer Flüssigkeit und selbstgebackenes Brot mit der hauseigenen Marmelade. „Unsere Obstbrände haben wir gemeinsam mit der Brennerei Druffel in Stromberg aus dem hofeigenen Obst hergestellt. Es ist spannend den Prozess zu sehen, wie aus meinem Obst der Maischeansatz gemacht wird und letztlich dieses Produkt daraus wird“, erklärt er.
Die Familie Weitenberg lebt mit drei Generationen auf dem Hof. Heiko Weitenberg mit seiner Frau und den Kindern und seine Eltern. „Man ist rund um die Uhr gefragt, wenn man dort arbeitet, wo man auch wohnt. Ich mache das mit sehr viel Herzblut und Leidenschaft, sonst würde es nicht gehen“, sagt er. Acht Angestellte und etwa 30 Aushilfen gehören zum relativ großen Team des Landgasthauses.
Weltrekord im Kronkorken sammeln …
Die Stimmung in der geräumigen, modernen Küche ist gut, als wir eintreten. Koch Ingo Petermeier erzählt stolz von seinem Weltrekord im Kronkorken sammeln, den er mit 24,6 Tonnen aufgestellt hat. Auch in der Küche des Landgasthauses stehen kleine Behälter in denen die Kollegen fleißig mitsammeln. Die drei Köche sind währenddessen bereits dabei, einiges für den Tag vorzubereiten. Sie kochen Kartoffeln und schneiden Zutaten für den Salat. Man könnte meinen, Koch-Azubi Holger Kallenberg hätte seine Kochjacke farblich auf den Rotkohl abgestimmt, den er gerade in feine Streifen schneidet.
Heiko Weitenberg und Thorsten Eigen kümmern sich nun um die Klassiker, Westfälische Hochzeitssuppe und Rindfleisch mit Zwiebelsoße. Hierfür kommen erst einmal das Fleisch und das Suppengemüse in einen großen Topf mit Wasser. Heiko Weitenberg gibt die Zwiebel mitsamt Schale in den Topf. Er sieht meinen erstaunten Blick und erklärt: „ Die Schale sorgt für eine zusätzliche Färbung der Suppe, wird die Zwiebel halbiert und auf der Innenseite kurz in der Pfanne angeröstet, gibt das zusätzlich noch ein tolles Aroma. Das lassen wir jetzt knapp zwei Stunden köcheln und in der Zeit gucken wir uns an, woher ich einen Teil des Rindfleisches bekomme.“
Das Rindfleisch bezieht Heiko Weitenberg direkt von seinem Nachbarn …
Auf einem kleinen Hof ganz in der Nähe hält Nachbar Michael Knepper ein paar Rinder. „Das ist sein Hobby“, erklärt mir Heiko Weitenberg, „und zwei der Rinder gehören mir.“ Knepper führt uns gemeinsam mit seinem Sohn Johannes in den kleinen Stall. „Hier stehen sie im Winter und im Sommer dürfen sie raus auf die Wiese“, sagt er. Neun Rinder der Rassen Charolais und Limousin leben aktuell auf dem Hof. Es sind französische Fleischrassen, erfahre ich. „Ich verkaufe drei bis vier Tiere im Jahr, also nur ganz wenig. Deshalb sind die Tiere unterschiedlich alt. Es kommen aber immer wieder welche dazu“, erklärt Michael Knepper und lacht. „Schließlich sind meine Rinder nur für ausgewählte Kundenkreise.“ Da stimmt Heiko Weitenberg ihm zu. „Ich bin ein großer Fleischfan“, sagt der Koch. „Und wenn man so etwas hier vor der Haustür hat, wäre man ja wahnsinnig, wenn man es nicht nutzen würde.“
Nun muss Heiko Weitenberg sich aber zurück und sich weiter um die Suppe und das Rindfleisch kümmern.
TIPP: Das Apfelfest mit großem Rahmenprogramm für Klein und Groß findet in diesem Jahr am Wochenende des 1. und 2. Oktobers statt. Die mobile Apfelpresse steht bereits ab dem 30. September zur Verfügung. Hierfür ist eine Anmeldung erforderlich (02522-2353 oder www.hohenhagen.de) Also fleißig Äpfel ernten – und auf zum Landgasthaus Hohen Hagen. Mehr Infos findet ihr auf der Homepage.
Was Regionalität und Nachhaltigkeit für das Restaurant bedeutet, findet ihr hier …
Weitere Impressionen:
Landgasthaus Hohen Hagen
Zum Hohen Hagen 4
59320 Ennigerloh


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