Biohof Schwienhorst

Was für eine lebendige Auswirkung auf die Natur: Seit der Hof Schwienhorst 2016 auf Bio umgestellt hat, sichtet die Familie rund um den Betrieb sehr viel mehr Bienen und Hasen, aber auch Fasane und sogar ein Rotmilanpärchen. Auf einer Fläche von 100 Hektar rund um den Hof in Senden-Ottmarsbocholt wachsen vielfältige Gemüsesorten und Getreide – mittlerweile eben alles in Bio-Qualität.

Die Umstellung hat die Familie vor Herausforderungen gestellt, war jedoch ein Herzenswunsch von Andreas und Christiane Schwienhorst. Von Rinder- und Schweinehaltung ging es zum Acker- und Gemüsebau. Eine große Palette von Kartoffeln über Erbsen, Edamame, Möhren, Zwiebeln, Pastinaken hin zu Weizen, Emmer und Raps werden nun nach Naturland-Richtlinien angebaut. Dieser Mut zu etwas ganz Neuem hat sich gelohnt und es gab einen Überraschungssieger aus einer Nische, der die Vorteile der Bio-Wirtschaftsweise zusätzlich beweisen konnte: die Buschbohnen.

„Unsere Kunden nehmen das Angebot sehr gut an. Die Buschbohne läuft super und ist viel gefragter als wir uns erträumt hätten“, freut sich Landwirt Andreas Schwienhorst, als wir bei einem leckeren Milchkaffee vor dem hofeigenen Speichercafé sitzen.

Nicht die bekannten Stangenbohnen werden hier in Ottmarsbocholt jährlich im April neu gesät, sondern deren niedrig wachsende, buschige Schwester. Ab Mitte Juli können die Buschbohnen geerntet werden – durch das etappenweise Aussäen bis in den Oktober hinein. Abnehmer sind Hofläden und ein Großhändler, aber auch für den eigenen Verkauf im Café werden die Bohnen eingemacht, in Salaten und Flammkuchen verarbeitet oder eigefroren.

Als Christiane Schwienhorst von ihren Schnibbelbohnen erzählt, habe ich sofort ein Bild vor Augen: meine Oma in Kittelschürze und mit Mengen von Einmachgläsern in der Küche. Das leckere grüne Gemüse ist sicherlich bei vielen mit Kindheitserinnerungen verbunden. Umso schöner, dass es weiterhin so beliebt ist. Buschbohnen in Bioqualität sind im Münsterland allerdings doch ein Phänomen.

„Wir sind vom Niederrhein bis nach Niedersachsen vermutlich der einzige Betrieb, der Bio-Buschbohnen anpflanzt“, zeigt Andreas Schwienhorst die Bedeutung seiner besonderen Nische auf. Zudem wird die immer mehr an Bekanntheit gewinnende Sojabohne Edamame auf dem Hof angebaut, ebenfalls ein Alleinstellungsmerkmal im weiten Umkreis.


Dies liege natürlich auch daran, dass der Anteil der Biobauern beispielsweise im Kreis Coesfeld bei lediglich knapp über einem Prozent liege, sagt der 47-Jährige. Ihn hat die Biowirtschaftsweise jedoch vollkommen überzeugt, profitiert der Hof doch auch vom geschlossenen Wirtschaftskreislauf. Es gibt Photovoltaik auf allen Dächern. Vor allem die 75-kw-Biogasanlage sorgt dafür, dass für die Produktion keine nachwachsenden Rohstoffe, sondern nur Dung benötigt wird.

Jetzt im September, erzählt Christiane Schwienhorst, kümmert sich die Familie vermehrt um die Pastinaken – „die lassen sich von Beikraut nicht schocken“ – und um die Zwiebeln – „die sind im Anbau etwas anstrengender, denn die wollen gar kein Unkraut“. Das Un- oder eben Beikraut wird mit Maschinen gejätet, da das Gemüse so tief verwurzelt ist, dass es in Ruhe weiterwachsen kann. Das gejätete Kraut bleibt dann auf dem Feld liegen und trocknet, wobei es dann Insekten anlockt. Andreas Schwienhorst bringt es auf den Punkt: „Wir sind Landwirte, aber wir sind auch Natur- und Umweltschützer.“ Gerade die kleinen Beobachtungen bestärken das Paar: „Die Schmetterlinge lieben zum Beispiel die Disteln im Feld“, sagt Christiane Schwienhorst, die gelernte Konditorin ist.


Da die drei Kinder jetzt, wie man so schön sagt, aus dem Gröbsten raus sind, außerdem viel und gerne auf dem Hof mitanpacken, hat Mama Christiane sich ihren Wunsch vom Speichercafé erfüllt.
Das hatte seit 2014 pausiert und lockt nun wieder jedes Wochenende im Frühling und Sommer mit köstlichen selbstgebackenen Kuchen und Torten. In den Wintermonaten, wenn die Ernten beendet sind, schließt auch das Café. Wer aber denkt, dass die Schwienhorsts dann ruhige Wochen vorm Kamin verbringen, irrt sich: Seit dem 1. September ist Christiane neue Pächterin des Gasthofs Vollmer in Senden.

Der 72-jährige Besitzer des Traditionslokals hatte händeringend nach einem neuen Wirt gesucht. Und wieder machen sich gutes Timing und mutige Entscheidungen bezahlt: „Wir haben ein paar Tage und Nächte überlegt. Und ,nebenbei’ noch unsere Ernte eingefahren. Aber dann war klar, dass wir diese Chance ergreifen wollen.“ Schließlich sei das Lokal eine Institution im Ort und ein Leerstand sei viel zu schade.

Außerdem sitzt die Familie ja an der Quelle und beliefert die vier Kilometer entfernte Vollmer-Küche mit hofeigenem Gemüse. Frischer und lokaler gehtˊs nicht! Das Büffet zur Eröffnungsfeier überzeugte dann auch direkt mit Münsterländer Schwerpunkt: Rindfleisch in Zwiebelsoße, Schweinebraten, Biogemüse und Pommes aus den eigenen Biokartoffeln zeigten, was die Gäste von nun an Leckeres bei Vollmer erwartet. Auf Christianes Kuchen muss auch niemand verzichten. Wenn das Speichercafé im Winter geschlossen hat, stehen die Backwerke im Restaurant bereit.


Besonders freut sich das Ehepaar auf das Plattdeutsche Theater im November, den großen Edeltrödelmarkt an jedem zweiten Samstag im Monat mit warmem Mittagstisch, das Weihnachtsessen und die Karnevalsfeier. So ein ereignisloser Winter wäre ja nicht auszuhalten! Bevor es ab März also wieder vermehrt auf die Felder geht, kann die Familie ihre Ideen im Gasthof umsetzen und wird dabei sicher noch die eine oder andere spannende Nische entdecken.

www.biohofschwienhorst.com
acschwien@gmail.com

Öffnungszeiten Vollmer: Mi.-So. ab 17 Uhr.

Ab Oktober: Mi.-Fr. ab 17 Uhr. Samstags und sonntags ab 13 Uhr mit Kaffee und Kuchen.

Text und Fotos: Miriam Lethmate

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