Eickenbecks Hofgenuss

Familie Voß spricht nicht nur über Nachhaltigkeit. Sie hat ihr Leben ziemlich umgekrempelt, um Nachhaltigkeit mit echten Inhalten zu füllen. Seit Jahrzehnten ist der Hof von Burkhard Voß ein Ackerbau- und Schweinemastbetrieb, auch heute noch. Doch vor einigen Jahren sahen er und seine Frau Viktoria immer mehr die Notwendigkeit, zusätzlich in eine andere Richtung gehen.

Das Angebot sollte nachhaltiger werden, die Regionalität sollte komplett im Mittelpunkt stehen, gesunde Ernährung sollte nicht nur ein Schlagwort sein. Also entschied sich der Sauenhalter aus Rinkeorde, vegetarische und vegane Produkte herzustellen. Und zwar aus eigenen Ackerfrüchten, mit dem Anspruch, sehr gute Qualität zu bieten und gleichzeitig die landwirtschaftlichen Strukturen zu erhalten.

Puh, das klingt nach einem ganzen Berg Arbeit. Aber: Burkhard und Viktoria Voß sind mutige Menschen, die anpacken und ausprobieren. So kamen sie nach vielen Ideen – zum Beispiel Fischzucht oder Insektenburger – 2019 schließlich dazu, auf 3,5 Hektar Land Lupinen anzubauen. Diese Hülsenfrucht ist in Deutschland noch ein Geheimtipp, auf den das Ehepaar Voß gemeinsam mit Experten gestoßen ist.

Unterstützung gab es von Prof. Guido Ritter, Leiter des Fachbereichs Oecotrophologie der FH Münster, dem Zentrum für Nachhaltige Unternehmensführung der Uni Witten/Herdecke sowie dem Verein Food Processing Initiative.

Mit diesem Netzwerk, seiner Expertise und einer großen Portion Neugier wurde die Lupine mit eigener Marke hoffähig gemacht. Mittlerweile gibt es unter dem Namen „Eickenbecks Hofgenuss“ bereits Burger-Bratlinge (Patties), Falafeln, Hummus, Nudeln, Mehl und Schrot – alles aus Lupinenschoten.

Ich muss gestehen, Lupinen kannte ich bisher als farbenprächtige, üppige Stauden aus Bauerngärten. Dann wurden Viktoria und Burkhard Voß Mitglied beim Münsterland-Siegel, welches in der Region geerntete und produzierte Lebensmittel auszeichnet. Seither bin ich Lupinen-Fan, nicht nur mit Blick auf Gartenbeete oder Blumenvasen.

Bei meinem Besuch auf der wunderschönen münsterländischen Hofstelle blühen die Felder mit den Blauen Süßlupinen zwar leider nicht mehr, doch ich erfahre trotzdem sehr viel Wissenswertes. Zum Beispiel: Die hier angebaute Lupine blüht trotz ihres Namens weiß. 

Abgesehen von der äußeren Schönheit muss man auf  das Innenleben der Lupine achten, denn dort versteckt sich ein echter Gesundheitsbooster.

„Die Produkte sind für unsere Ernährung extrem hochwertig, denn die Lupine liefert wertvolles Eiweiß mit vielen Amino- und Fettsäuren. Außerdem sind die Samen mineral- und ballaststoffreich, frei von Gluten, Cholesterin und Laktose“, erklärt Burkhard Voß.

Da die meisten Menschen, die sich für pflanzenbasierte Ernährung interessieren, auf positive gesundheitliche Aspekte und nachhaltige Herstellung achten, hat das Ehepaar Voß mit Eickenbecks Hofgenuss eine perfekte Nische gefunden. Zwar seien Lupinen-Produkte erstmal erklärungsbedürftig, weil eben weitgehend unbekannt, doch genau dort sieht Burkhard Voß die Chance: „Der vegetarische und vegane Markt wird noch weiter wachsen. Wir lernen ganz viel Neues kennen und tauschen uns mit kreativen Partnern aus. Neulich haben wir zum Beispiel Schafskäse mit Lupinenschrot und Ei paniert, sehr lecker!“

Vom Austausch lebt auch die Qualität: Die Patties, Falafeln und den Hummus stellt die Feinkostfleischerei Hidding in Nordwalde her. Der Familienbetrieb ist ebenfalls mit dem Münsterland-Siegel ausgezeichnet. Die Nudeln werden in der münsterschen Manufaktur Leibundseele handgemacht. Für Familie Voß ist es selbstverständlich, dass dies alles frei von Geschmacksverstärkern und Zusatzstoffen ist.

Grundzutat aller Produkte ist das Lupinenmehl, welches Burkhard Voß selber mahlt. Wie gesagt, Nachhaltigkeit wird hier gelebt. Und so steht schräg gegenüber des münsterländischen Bauernhauses von 1898 ein nagelneuer LKW, der eine Spezialmühle für Lupinenschoten beherbergt. Von Juli bis August wurde bereits die dritte Ernte eingeholt, nun stehen Mehl und Schrot in 1000-Kilo-Gebinden bereit. Also, vom Dipl.-Agrar-Ingenieur zum Müller? So ungefähr.

Burkhard Voß musste sich natürlich Einiges anlesen, aus ersten Fehlern lernen. Die Suche nach der perfekten Mühle getsaltetet sich schwierig. „Lupinenschoten haben eine sehr harte Schale, das schafft bei weitem nicht jede Mühle. Weil sie sehr fettreich sind, verschmieren sie außerdem die meisten Mühlen beim Mahlen total.“

Während der Herr des Hofes sich also um das Handfeste kümmert, sind die drei Ladies mit den Feinheiten betraut. Viktoria Voß und die beiden Töchter Charlotte und Mathilda kümmern sich liebevoll ums Verpacken, um schöne Beiträge für Social Media, um die Ausarbeitung toller Lupinen-Rezepte. Und um den Online-Shop. Dieser hat nämlich erst vor ein paar Wochen seine virtuellen Türen geöffnet, so dass die leckeren Produkte nicht mehr nur in Hofläden erhältlich sind. Die Krux: tiefgefrorene Patties und Falafeln nachhaltig und klimaneutral zu versenden.

„Wir haben lange gesucht und dann Spezialkühltaschen aus Hanf anfertigen lassen. Wenn man möchte, kann man auf denen im Anschluss sogar Kresse aussäen“, erzählt Viktoria Voß, die auch in der eigenen Küche experimentierfreudig ist. Die besten Rezepte schaffen es auf die wirklich interessant gestaltete Website. Ob Lupinen-Müslikugeln, Spinatrolle „Lupinia“, Lupinen-Brot oder -Flammkuchen, die Hülsenfrucht besticht zweifelsohne durch ihre Vielseitigkeit.

Wie gut, dass Viktoria Voß mir bei der Verabschiedung eine prall gefüllte Papiertüte überreicht. So kann ich mir auf dem Heimweg überlegen, ob es Falafel oder Burger zum Mittagessen geben wird. Kurzum, mittags Burger, abends Salat mit Falafel, man gönnt sich ja sonst nix. Es war rundum köstlich, mit der genau richtigen Menge an Gewürzen. Knusprig, duftend, herzhaft. Fleisch habe ich übrigens nicht eine Sekunde vermisst.

Text und Fotos (bis auf gesondert gekennzeichnete): Miriam Lethmate

5 Kommentare Gib deinen ab

  1. Wir haben uns sehr über den Besuch von PAULA PUMPERNICKEL gefreut.

    1. Dankeschön! Es war wirklich spannend bei euch. Liebe Grüße, eure Paula

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